Kulturelle Barrieren und Schamgefühl befördern die Epidemie
Besonders tragisch war kürzlich der Tod von Sheik Umar Khan. Der Virologe und Ebola-Experte aus Sierra Leone hatte sich in seinem Heimatland mit dem Virus infiziert und ist nun selbst an der Krankheit gestorben. Der US-Arzt Kent Brantly, der für eine christliche Hilfsorganisation arbeitet, lag schwer erkrankt auf der Intensivstation eines Krankenhauses in der liberianischen Hauptstadt Monrovia. Er wurde mittlerweile in die USA ausgeflogen. Seine Überlebenschancen gelten nach wie vor als gering.
Die Ansteckungsgefahr sei bei sterbenden und gerade verstorbenen Ebola-Patienten am größten, berichtet Schwienhorst. Viele Patienten stecken sich bei Beerdigungen an. Die Waschung der Verstorbenen übernehmen in der Regel Familienangehörige, die teilweise von weit entfernten Orten anreisen. Hinzu kommen die kulturellen Barrieren und das Schamgefühl. Denn wenn eine Person erkranke, würde sie aus Angst vor dem Tod und einer nicht im Familienkreis stattfindenden Beerdigung oft nicht öffentlich auf ihre Lage hinweisen und auch nicht ein Krankenhaus aufsuchen wollen.
Traditionelle Dorfführer und Heiler einbinden
In einem Dorf, erzählt die Ärztin, seien Mediziner in Schutzanzügen mit Steinen beworfen worden, da die Bewohner Angst hatten, sich bei ihnen mit dem Virus anzustecken. Um die Epidemie einzudämmen, ist die Aufklärung der Bevölkerung dringend erforderlich. Doch 70 Prozent der Einwohner sind Analphabeten, das heißt, sie sind auf mündliche Informationen angewiesen. „Viele der Erwachsenen und Entscheidungsträger gehören zu einer Generation, die aufgrund des langen Bürgerkrieges keine Schulbildung erhielt, zudem gab es noch nie ein gut funktionierendes Gesundheitssystem in Sierra Leone“, erklärt Schwienhorst. „Dass die lokale Bevölkerung kein Vertrauen in vermummte Gestalten hat, die ihre kranken Familienmitglieder aus den Hütten holen und oft genug nur in Leichensäcken zurückbringen und ihnen auch traditionelle Bestattungsriten verbieten, liegt auf der Hand. Deshalb ist es unabdingbar, traditionelle Dorfführer und Heiler in die Maßnahmen mit einzubinden.“
Die 33-jährige Würzburgerin steht weiterhin in Kontakt mit dem Krankenhaus in Serabu. Die Organisation German Doctors hält dort die medizinische Versorgung für die Bevölkerung aufrecht, während viele andere Krankenhäuser in Sierra Leone geschlossen sind. Zum Glück gibt es dort noch keine Ebola-Fälle. „Doch das kann sich jederzeit ändern“, betont die Mutter einer fünfjährigen Tochter.
Von Sabine Ludwig