Frage: Ist das nicht manchmal ermüdend?
Schmidt: Es ist natürlich frustrierend zu sehen, wie eine ganze Region zerbricht. Aber es ist für mich auch eine Glaubensaussage, wenn ich vor Ort bei den Menschen bleibe und für Frieden und Versöhnung bete – auch wenn ich die Früchte jetzt nicht sehe. Irgendwann werden die Kirchen die wichtigsten Friedensvermittler im Land sein. Es gibt keine andere Organisation, die dazu fähig wäre oder das Ansehen hätte.
Frage: Wie sieht ihre alltägliche pastorale Arbeit aus? Können Sie diese überhaupt noch ausüben?
Schmidt: Wir haben unseren pastoralen Plan für das Jahr erstellt und versuchen, diesen den gegebenen Umständen entsprechend durchzuziehen. Wir können uns frei bewegen, unsere Außenstellen besuchen und Katecheten ausbilden. Außerdem helfen wir bei der Alphabetisierung mit, zum Beispiel in der staatlichen Schule in Old Fangak und zwei privaten Schulen. Alles geht irgendwie weiter. In diesem Alltag habe ich meine Lebenserfüllung gefunden. Ich sehe, dass die Menschen trotz der schrecklichen Umstände des Bürgerkriegs ihr Leben leben. Sie haben auch gar keine andere Chance.
Frage: Man blickt in diesem Konflikt häufig starr auf die beiden Ethnien der Dinka und Nuer. Dabei gibt es viele andere Volkgruppen im Südsudan. Wie positionieren sie sich?
Schmidt: Die anderen Volksgruppen machen über die Hälfte der Gesamtbevölkerung aus. Sie verhalten sich ruhig, weil sie nicht wissen, wer die Oberhand gewinnt. Ich vermute jedoch, dass sie sowohl die Dinka als auch die Nuer satt haben. Sie wollen einen Präsidenten, der aus keinem der beiden Lager stammt.
Frage: Wie ist Ihre Meinung dazu? Braucht es einen neutralen Präsidenten?
Schmidt: Ja, unbedingt. Die Internationale Gemeinschaft muss mehr Druck auf die Konfliktparteien ausüben und sowohl den Präsidenten Salva Kiir als auch den Rebellenführer Riek Machar dazu drängen, sich zurückzuziehen. Danach müsste ein Präsident, der einer ethnischen Minderheit angehört, gewählt werden. Bisher waren alle Verhandlungen darauf angelegt, dass sich die beiden Kontrahenten einigen, was meiner Meinung nach schon eine Sackgasse ist.
Frage: Die Wahl eines neuen Präsidenten liegt bisher leider noch in der Ferne. Es wird weiter gekämpft. Wo kann man überhaupt mit der Friedensarbeit ansetzen?