Schomali: Die Christen in Gaza liegen in den letzten Zügen. Mehr als 40 Prozent von ihnen sind arbeitslos, bei den Jungen ist die Rate noch höher. Es herrschen Unsicherheit und Angst. Die Kinder sind traumatisiert. Der Wunsch der Christen ist es, Gaza so schnell wie möglich zu verlassen. Für die Christen in Nazareth, Bethlehem und Jerusalem hängt viel vom religiösen Tourismus ab. Wir spüren bereits die drastisch sinkenden Pilgerzahlen. Kaum jemand kommt, diejenigen, die zurückfahren, werden nicht durch nachfolgende Pilger ersetzt. Es sind nur sehr wenige Besucher in Jerusalem und Bethlehem. Wenn diese Gewalt andauert, werden mehr Christen abwandern, so wie sie es in früheren Kriegen getan haben. Wenn man die aktuellen Geschehnisse in der arabischen Welt hinzunimmt, IS-Milizen im Irak und in Syrien, dann scheint die gegenwärtige Situation sehr düster und drängt zu Pessimismus.
Frage: Wie geht es weiter?
Schomali: Das einzige vorstellbare Szenario für mich ist eine Waffenruhe, gefolgt von zwei parallelen Maßnahmen: erstens der Aufhebung der Gaza-Blockade und zweitens der Zerstörung der Hamas-Raketen und der Tunnel. Dann gilt es aber, eine radikale Lösung des palästinensischen Problems zu finden, andernfalls werden dieselben Gründe zu denselben Resultaten führen. Es würde weitere unnötige und absurde Kriege geben. Andere Szenarien will ich mir überhaupt nicht vorstellen.
Frage: Gibt es einen Weg zum Frieden?
Schomali: Der Frieden wird sicher kommen, wir beten schon so lange um diesen Frieden. Der Papst hat in den vatikanischen Gärten um Frieden gebetet, und wir waren sehr bewegt von diesem Gebet, so wie wir frustriert sind, dass das Gebet keine Früchte getragen hat. Es hat noch keine Früchte getragen, aber eines Tages wird es Früchte tragen, davon bin ich überzeugt. Der Herr kann nicht taub bleiben angesichts unserer Schreie der Not. Ob der Frieden in fünf Jahren kommen wird oder in zehn, das wissen wir nicht, aber es wird nicht zu spät sein!
Das Interview führte Andrea Krogmann.