Radio statt Internet
Nicht immer freilich sind dafür Blogs oder Twitter und Co. wie im Fall Topona erste Wahl. Zwar soll sich die Zahl der Internetnutzer weltweit in den kommenden fünf Jahren von 2,5 auf 5 Milliarden verdoppeln. Aber aller Voraussicht nach werden nicht alle Staaten Afrikas Anteil an diesen imposanten Zuwachsraten haben. In Niger setzt Kommunikationsminister Yahouza Sadissou Madobi auf lokale Radiostationen, mit denen er vor allem die Bevölkerung auf dem Land erreichen will. Kein Wunder: Die Zahl der User liegt im unteren einstelligen Prozentbereich. Ähnliches berichtet der äthiopische Blogger und Journalist Eshete Bekele Tekle. In seiner Heimat hätten 1,5 Prozent der Bewohner Zugang zum Netz.
Und was ist mit den Mobiltelefonen? Der Markt wächst rasant – rund 545 Millionen Afrikaner haben ein Handy. Sie kommen damit aber mangels stabiler Verbindungen oder Zensur nicht immer ins Netz, sagt die Frauenrechtlerin Jenni Williams aus Simbabwe. „Die Telefone sind also oft nur zum Telefonieren da.“ Die resolute Mitbegründerin der Organisation Woman of Zimbabwe Arise (WOZA), die für ihre Proteste gegen Dauerherrscher Robert Mugabe mehr als ein Dutzend mal in Haft saß, sieht den Hype um die Macht der sozialen Netzwerke kritisch. Die Menschen gingen nicht wegen YouTube oder Facebook auf die Straßen, sondern weil sie sich gegen wirtschaftliche oder gesellschaftliche Missstände auflehnten. „Die Menschen mobilisieren Sie, wenn Sie an die Türen klopfen und mit ihnen reden.“
Der angolanische Journalist Rafael Marques de Morais hat andere – recht skurrile – Erfahrungen gemacht. Die Demonstrationen in Angola begannen 2011 offenbar infolge einer im Netz abgesetzten Falschmeldung aus Namibia, die zu Protesten in der Hauptstadt Luanda aufrief. Das durch Ölförderung reich gewordene Regime organisierte daraufhin vorsorglich eine Gegenkundgebung und lässt inzwischen das Netz überwachen – laut Marques mit Hilfe einer Spähsoftware aus Deutschland. Vernetzen, das hat für den Aktivisten derzeit eher eine reale anstatt eine virtuelle Dimension. Diktatoren und Kleptokraten stützten einander über Grenzen hinweg. Die Zivilgesellschaft habe da noch Nachholbedarf.
Von Joachim Heinz