Die Vielzahl der Konflikte überfordere das Hilfswerk. Vor allem bei Bürgerkriegen sei es schwer, Spenden zu mobilisieren, da die Gemengelage komplex und kaum durchschaubar sei. „Dann droht die humanitäre Katastrophe in Vergessenheit zu geraten“, so Müller. Für Afghanistan, wo die Caritas weiterhin präsent sei, gebe es quasi keine Spenden mehr. Auch der drohenden Hungersnot im Südsudan werde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Politische Lösungen statt Militär
Das Hilfswerk sieht an dieser Stelle auch ein Versagen der Politik. Immer öfter würden für politische Konflikte militärische statt politische Lösungen gesucht, sagte Müller. Zum Beispiel im Irak könne ein militärisches Eingreifen nicht die Lösung sein. Damit würde sich die Lage der Flüchtlinge nicht verbessern. „Im Gegenteil: Die politische und militärische Lage im Irak ist so unübersichtlich, neue politische Allianzen würden den Konflikt wahrscheinlich wieder verschärfen“, betonte Müller. Die zivile Konfliktbearbeitung spiele in den politischen Diskussionen quasi keine Rolle mehr.
Für alle Krisenregionen brauche es jedoch deutlich mehr humanitäre Unterstützung, auch seitens der Bundesregierung. „Die Mittel sind nicht ausreichend“, so Müller. Insgesamt sei die Hilfe der Bundesregierung mit Blick auf die Größe Deutschlands und im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering.
Umso erfreulicher sei es, dass die Arbeit der Caritas bei Spendern weiterhin großes Vertrauen genieße, so Neher. Insgesamt habe man im vergangenen Jahr 82,6 Millionen Euro für Projektarbeiten zur Verfügung gehabt. Vor allem bei den Spenden habe es einen deutlichen Zuwachs von 28 Millionen auf 42,8 Millionen Euro gegeben. 35,6 Millionen stammten von öffentlichen und kirchlichen Geldgebern.
Mit dem Geld seien 701 Projekte in 81 Ländern mit einem Volumen von 61,22 Millionen Euro unterstützt worden, sagt Neher. Das sei ein Plus von mehr als 10 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Von Anna Mertens