Großprojekte wie der Hafen von Suape gefährden dabei nicht nur die Existenz der Fischer. „Seit Baubeginn hat sich die Zahl der Fische um 70 Prozent verringert; die Laichgebiete wurden zu 60 Prozent zerstört“, berichtet der Präsident des lokalen Fischerverbandes, Lairson Evangelista de Souza. Seine Kinder seien die erste Generation der Familie, die keine Fischer geworden seien. „Sie wissen, dass das keine Zukunft mehr hat.“
Der Eingriff in den Naturraum Suape hat auch die Haifische vertrieben, die einst hier ihre Jungen zur Welt brachten. Sie sind weiter Richtung Recife gezogen, wo es seitdem immer wieder zu tödlichen Begegnungen mit Surfern und Schwimmern kommt. Recife hält heute weltweit einen Spitzenplatz bei Hai-Attacken. Warnschilder stehen sowohl am schicken Stadtstrand Boa Viagem als auch an der mit Luxusvillen bebauten Praia do Paiva.
Angst vor Negativ-Schlagzeilen
WM-Touristen werden mit Broschüren vor den Haien gewarnt. Recife will keine negativen Schlagzeilen während des Turniers riskieren – davon hatte man schon während der WM-Vorbereitung genug. Besonders der Neubau des WM-Stadions rund 20 Kilometer außerhalb der Stadt stieß auf Kritik, zumal es im Zentrumsbereich bereits drei große Stadien gibt.
So verschlang die Verkehrsanbindung der Arena Pernambuco mit dem Zentrum Unsummen und führte zur Enteignung Tausender Familien. Allein entlang der zwei Kilometer langen Verbindungsstraße zwischen der Arena und dem Busbahnhof im Ort Camaragibe mussten 200 Familien weichen. Der Hausfrau Vania wurden zwei Tage gegeben, um ihr Haus zu räumen; dann wurde es abgerissen. Bekommen habe sie 30 Prozent des Wertes. Nun kämpft die Mutter zweier Kinder um den Rest vor Gericht – und wohnt zur Miete.
Wenige Meter weiter stand einst das Geschäft von Josinaldo Rosende, die einzige Verdienstquelle der Familie. Bislang habe er nur 40 Prozent der Entschädigung erhalten; die Behörden verschleppten die weitere Auszahlung. Josinaldo sagt: „Ich mag Fußball – aber so wie man uns hier behandelt hat, ist es schwierig, der WM noch etwas Positives abzugewinnen.“
Von Thomas Milz