Amnesty International sprach von einer „zutiefst besorgniserregenden Entwicklung mit schweren Konsequenzen für die Menschenrechte im Irak“. Sowohl die Regierung als auch ISIS müssten sicherstellen, dass Zivilisten nicht die Folgen des Machtkampfs zu tragen hätten. In der westirakischen Provinz Anbar wurden nach Angaben von Amnesty seit Januar eine halbe Million Iraker in die Flucht getrieben, 5.520 Zivilisten sollen durch die Kämpfe ums Leben gekommen sein.
Sorge um Spaltung des Landes
Der Gründer der katholischen Gemeinschaft Sant''Egidio, Andrea Riccardi, erklärte in Rom, die Gewalt durch die radikalislamischen Milizen gefährde „den Erfolg eines Projekts religiöser Integration“. Das Zusammenleben von Christen und Muslimen in der Region sei bislang „ein Modell für das ganze Land“ gewesen. Besorgt äußerte sich Riccardi, Träger des Aachener Karlspreises, über das Schicksal der christlichen Minderheit. „Nach den bruchstückhaften Nachrichten aus Mossul sind wieder einmal die Christen die Opfer des Terrors und des Blutvergießens“. Ziel der Gewalt sei eine Spaltung des Landes.
Unterdessen kündigte der irakische Schiiten-Führer Muqtada as-Sadr Schutztruppen für religiöse Stätten im Irak an. Er plane „Friedenseinheiten, um die heiligen Stätten von Muslimen und Christen in Kooperation mit der Regierung zu verteidigen“, erklärte der Geistliche und Politiker am Mittwoch laut iranischen Medien.
Die Milizen der Gruppe „Islamischer Staat im Irak und Syrien“ hatten am Dienstag die nordirakische Stadt Mossul unter ihre Kontrolle gebracht, nachdem sie zuvor schon Falludscha erobert hatten. Inzwischen soll auch das 175 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Tikrit an sie gefallen sein. Aus Mossul flohen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration 500.000 der drei Millionen Einwohner.