Frage: Wie steht es um die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen bei möglichen Unruhen während der WM?
Dos Santos: Es sind nicht die Demonstrationen als solche, die uns Sorge bereiten. Wir befürchten, dass es zu Gewaltausbrüchen kommt und Kinder dazwischengeraten. Auch die Fan-Feste machen uns Sorgen. In vielen Städten wird es jeden Tag Partys geben, für die es häufig keine Altersbegrenzung gibt.
Frage: Welche Projekte hat der Kinderrechtsrat im Rahmen der WM?
Dos Santos: Wir haben schon 2012 eine Resolution zum Schutz von Kindern und Jugendlichen erlassen und auf allen Ebenen
Partnerschaften
und Kooperationen geschlossen: einerseits mit staatlichen Institutionen, andererseits aber auch mit großen Firmen, die in die Vorbereitungen auf die WM involviert sind. Zum Beispiel machen wir im Fernsehen und im Radio auf die Gefahren durch Alkoholkonsum, Gewalt und Sextourismus aufmerksam. In der Umgebung der Stadien wird es einen Bus geben, in dem Vertreter des Jugendamtes ansprechbar sind. Außerdem gibt es dort Polizeibeamte, die speziell für Kinder und Jugendliche zuständig sind.
Frage: Für die WM hat der brasilianische Staat viel Geld in investiert. Wie viel von diesem Geld kommt Kindern und Jugendlichen zugute?
Dos Santos: Durch die Investitionen in neue Straßen und Stadien wurden Arbeitsplätze geschaffen. Auch die Einkommen der Familien sind ein wenig gestiegen. Aber das ist nicht nachhaltig. Brasilien muss in die Menschen investieren, vor allem in ihre
Bildung
. In den vergangenen Jahren hat der Staat etwas mehr in den Bildungsbereich investiert, doch auch das reicht nicht. Es fehlt noch immer an allen Ecken und Enden. 60 Prozent der Kinder bekommen keinen Platz in Kindergärten oder Vorschulen.
Die Schulen vermitteln außerdem wenig Brauchbares. Viele Lerninhalte sind total veraltet, Schulgebäude in einem unglaublich schlechten Zustand, und Lehrer verdienen sehr wenig. Für Kinder ist das kein ernstzunehmender Raum. Viele brechen die Schule ab. Zudem gibt es immer noch viel Korruption. In Brasilien wandert bei Großprojekten die Hälfte in private Taschen.
Das Interview führte Elisabeth Rahe