Im vergangenen Jahr stellten rund 435.000 Flüchtlinge in Europa Antrag auf Asyl. Die meisten kamen aus Syrien, Russland und Afghanistan. Deutschland übernahm mit 126.705 die größte Zahl an Bewerbern. Rechnet man allerdings das Verhältnis zwischen Bewerbern und Einwohnerzahl, so liegt die Bundesrepublik mit 1.575 auf eine Millionen Einwohner hinter Ländern wie Schweden, Belgien oder Österreich. Rund zwei Drittel weniger nimmt Italien auf, in Spanien sind es gerade mal 95 pro einer Million. Malta ist wiederum mit 5.330 Bewerbern auf eine Million Einwohner völlig überfordert.
„Europäischer Verteilungsschlüssel“
Der Grund für die ungleiche Lastenverteilung ist vor allem das sogenannte Dublin-Abkommen. Danach müssen Asylsuchende ihren Antrag im Einreiseland stellen – für die Kirchen und Flüchtlingsorganisationen ein Dauerkritikpunkt. Die CSU lehnt einen „europäischen Verteilungsschlüssel“ allerdings weiter ab und ist in der Asylpolitik am restriktivsten. Auch für die CDU hat sich das Verfahren „grundsätzlich bewährt“. Mängel sieht sie vor allem bei der Rücküberstellung in die jeweiligen Erstaufnahmestaaten. Die SPD optiert im Europaprogramm hingegen bei hohem Andrang für eine zeitlich befristete Übernahme.
Andere Verteilungsschlüssel fordern hingegen Linke, Grüne, die FDP und die AfD. Die Grünen verlangen, familiäre Bindungen und Sprachkenntnisse zu berücksichtigen, die FDP darüber hinaus die Wirtschaftskraft und die Bevölkerungsstärke. Grüne wie Linke erwarten ferner von der EU, dass sie Standards für Schutz und Unterbringung von Flüchtlingen auch durchsetzen. Vor allem in südöstlichen EU-Staaten leben sie teilweise unter katastrophalen Bedingungen in Auffanglagern.
Einig sind sich alle großen Parteien in der Forderung, die Verfahren zu beschleunigen und die Fluchtursachen zu bekämpfen, also Armut, Unterentwicklung und Konflikte. Für die Kirchen bleibt die konkrete Hilfe für Flüchtlinge jedenfalls Maßstab dafür, wie ernst es Europa mit der „Würde jedes einzelnen Menschen“ meint.
Von Christoph Scholz