Gespräche über Gott? Nein.
Ein Kardinal habe sie einst gewarnt: „In Berlin kommt ihr in eine Stadt ohne Gott.“ Sie wohnten acht Jahre im Plattenbau in Berlin-Mahrzahn, „um ganz nah an den Menschen dran zu sein“, sagt Schwester Monika. In Mahrzahn-Hellersdorf, wo sie bis auf den heutigen Tag ihre Anlaufstelle für Lebensberatung betreiben, so schätzen die Schwestern, sind über 90 Prozent der Menschen „religiös indifferent“, also nicht katholisch. Nur wenn Not am Mann war, wüsste man, wo man klingelt. „Mit der Kirche hatten die nix am Hut, aber dann kamen sie“, erinnert sich Schwester Michaela. In 15 Jahren als Notfallseelsorgerin waren es nur selten Christen, zu denen sie gerufen wurde. Gespräche über Gott? Nein.
Ihre Aufgabe sehen die Schwestern stattdessen in ihrer „heilenden Präsenz“: Zuhören, Rat geben, auf spirituellen Wegen nach Lösungen suchen, Menschen auf der Suche nach Gott begleiten. Aber nicht jeder, der in die Anlaufstelle nach Marzahn kommt, ist auf der Suche nach Gott. Und seit dem Mauerfall sind die Probleme der Menschen nicht weniger geworden: Überforderung bei Alleinerziehenden, Arbeitslosen und Führungskräften. „Psychisch Angeschlagene von A bis Z kommen zu uns“, sagt Schwester Angelika. Die Hilfsangebote reichen von Musiktherapie, Meditation, Qi Gong bis hin zu Bogenschießen.
Man kann aber auch einfach zu den Schwestern nach Hause in Biesdorf kommen, am Gebet und am Leben teilnehmen, sogar ein Probejahr im Orden versuchen. Die Rahmenbedingungen – Verpflichtung zu Gehorsam, Armut und Ehelosigkeit – sind die gleichen wie in jedem Klosterorden. Nur dass die Schwestern bewusst mitten unter uns leben. Eben ohne Mauern.
Von Julia Rathcke