Der Zwist zwischen Ortega und Brenes begann mit den Kommunalwahlen 2008. Damals äußerten Kirchenvertreter wie unabhängige Wahlbeobachter erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ergebnisse, die die regierenden Sandinisten in strategisch wichtigen Kommunen in die Spitzenämter brachten, auch in Managua. Vor allem der umstrittene Erfolg des früheren Boxweltmeisters Alexis Arguello im Rennen um das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt weckte Zweifel von Bürgerrechtlern – hatte Ortega doch keine ausländischen Beobachter zugelassen. Auch eine personelle Neubesetzung des Wahlrates, wie von Brenes gefordert, lehnte Ortega ab.
Durch die Personalie, Managuas Erzbischof in den Kardinalsstand zu erheben, hat der Lateinamerikaner Franziskus auch eine politische Botschaft in das mittelamerikanische Land gesandt. Ortega ignorierte nämlich bislang weitgehend die kritische Bischofskonferenz – und präsentierte sich stattdessen demonstrativ mit dem 88-jährigen Kardinal Miguel Obando Bravo, der von Ortega unlängst den höchsten Verdienstorden des Landes erhielt.
Obando wechselte während seines Lebens mehrmals die politischen Seiten. Zuletzt unterstützte er im Wahlkampf das Ortega-Lager – und wurde von den Sandinisten als der wahre Kirchenführer des Landes dargestellt. Mit einem regierungskritischen Kardinal Brenes wird ein solcher Schulterschluss kaum denkbar sein. Dieser rückt damit in die Riege der einflussreichsten Kirchenmänner der Region auf. Bislang konnte
Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga
(71) aus Honduras, Vorsitzender des Kardinalsrates zur Kurienreform und Präsident von Caritas International, diesen Rang vor allem medial allein für sich beanspruchen.
„Pastor der Armen“
„Brenes repräsentiert nicht nur Nicaragua, sondern ganz Mittelamerika“, meint der Generalsekretär der Nicaraguanischen Bischofskonferenz, Weihbischof Silvio Jose Baez Ortega. Die Tageszeitung „La Prensa“ sieht den Erzbischof wegen seiner Volksnähe gar als einen „Kardinal des Volkes“, und „La Informacion“ beschreibt ihn als „Pastor der Armen“.
Auf zwei Dinge, so Brenes vor seinem Abflug nach Rom, hoffe er besonders: darauf, dass es wieder zu einem Dialog mit dem Präsidenten komme, und dass er seine Nachbarn und Landsleute nicht enttäusche. „Sie haben mir gesagt, ich solle so bleiben, wie ich bin.“
Von Tobias Käufer