Kein interreligiöser Konflikt
Erzbischof Nzapalainga betonte, es sei falsch, von einem interreligiösen Konflikt zu sprechen. Die Gruppierung der Anti-Balaka, die in den Medien oft als „christliche Milizen“ dargestellt würden, sehe er als eine „Selbstverteidigungsbewegung, die nun die Politiker abgehängt hat“, sagte er am Mittwoch dem
Hilfswerk „Kirche in Not“
. Bereits Ende Januar hatte der Vorsitzende der nationalen Bischofskonferenz
im Interview mit dem Internetportal Weltkirche
ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen gefordert. Die gegenwärtige Militärpräsenz reiche angesichts der Größe des Landes bei weitem nicht aus.
Nzapalainga informierte nach eigenem Bekunden zwei Minister über ein mögliches Massaker in einem Dorf mit 200 Muslimen. Diese hätten jedoch ebenso wie christliche Milizen behauptet, die Menschen seien lediglich vertrieben worden. Auch bei einem Angriff von Seleka-Rebellen auf die christliche Bevölkerung in Bohong habe er sich an den Genozid von Ruanda vor 20 Jahren erinnert gefühlt, so der Erzbischof. Ein Teil eines Stadtviertels sei völlig niedergebrannt worden. „Man sah Knochen und menschliche Köpfe“, so Nzapalainga.
Human Rights Watch forderte die Präsidentin der Übergangsregierung, Catherine Samba-Panza, zu einer entschiedenen Haltung gegen Vergeltungsangriffe und Lynchattacken auf. Die Menschenrechtsorganisation befürchtete ein Ausbluten ganzer muslimischer Gemeinden. So hätten in der Stadt Yakole vor dem Konflikt rund 30.000 Muslime gelebt; Anfang Februar seien es noch 500 gewesen. Von den acht Moscheen in der Stadt sei lediglich eine übrig.
Viele Muslime im Land fliehen laut Human Rights Watch vor der Gewalt in den Tschad, nach Kamerun, Senegal und in die Demokratische Republik Kongo. Vom Flughafen Bangui seien schätzungsweise 50.000 Muslime ausgeflogen worden. Konvois von Flüchtlingen würden häufig angegriffen.
Hilfsflüge nach Bangui
Das Welternährungsprogramm WFP hat am Mittwoch mit Hilfsflügen in die Zentralafrikanische Republik begonnen. Inzwischen sei die Lage zu unsicher, um Güter auf dem Landweg zu transportieren. Nach Angaben der UN-Organisation landete ein gecharterter Jumbo mit 82 Tonnen Reis aus dem Nachbarstaat Kamerun in Bangui. In dem Land sind laut WFP infolge des Konflikts 1,25 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Angesichts des Kreislaufs der Gewalt und einer unterbrochenen Wirtschaft stehe die Republik vor einer noch schwereren Ernährungskrise, sagte die WFP-Regionaldirektorin für Westafrika, Denise Brown. Die kostspieligen Transportflüge seien nötig, um Betroffenen sofort zu helfen und zugleich die Magazine des WFP im Land vor Beginn der Regenzeit aufzufüllen. In den Monaten vor der nächsten Ernte erreichten die Versorgungsengpässe üblicherweise ihren Höhepunkt. (lek mit KNA)