Schick: Boykotte haben nie viel gebracht: Ich denke etwa an die Spiele in der ehemaligen Sowjetunion oder den Ausschluss Südafrikas. Ziel muss vielmehr sein, dass es keine Debatten mehr über Boykotte geben muss.
Menschenrechtsverletzungen
in den Austragungsorten und Teilnehmerstaaten müssen schon bei der Planung deutlich zur Sprache gebracht werden.
Frage: Sollten Sportler ein Zeichen für die Menschenrechte setzen?
Schick: Natürlich sollten sich Sportler für die Menschenrechte einsetzen. Aber auch die Politik kann mehr tun und ebenso die Nationalen Olympischen Komitees. Sie werden mit viel Geld von den Staaten gefördert; über sie könnten Politiker mehr einfordern. Wichtig ist vor allem, dass IOC-Präsident Thomas Bach, den ich schätze, schon eine Debatte über die Zielsetzung und Ausrichtung der zukünftigen Olympischen Spiele angeregt hat. Gut so und viel Erfolg!
Frage: Ein anderer internationaler Sportwettbewerb, nämlich die Fußball-WM in Katar, macht mit Hunderten toten Bauarbeitern ebenfalls traurige Schlagzeilen. Ist die Reaktion der FIFA bisher angemessen?
Schick: Sport, der Leib und Geist fördern soll, und Tote auf den Baustellen für Sportanlagen, das passt nicht zusammen. Sport darf keine Menschenleben kosten. Die Verantwortlichen dürfen die Zustände in Katar auch nicht in Zweifel ziehen. Es gibt schließlich jede Menge Beweise, dass auf den Baustellen Menschen zu Schaden kommen. Die FIFA ist gefordert!
Frage: Braucht es bei der Vergabe von Sportereignissen andere Kriterien?
Schick: Darüber muss nachgedacht werden. Warum nicht die Olympischen Spiele in neutralen und kleineren Staaten abhalten, um politischen Missbrauch zu verhindern? Ein weiteres Problem ist die Kommerzialisierung, die gezügelt werden muss. Das alles dient nicht der Völkerverständigung und dem Frieden. Es braucht eine echte breite und offene Debatte über die olympische Idee und über die ethischen und moralischen Fragen bezüglich Sport und der Sportereignisse. Wenn ein Land die Menschenrechte verletzt oder für die Spiele große Umweltschäden anrichtet, darf es keine Spiele ausrichten.
Das Interview führte Christian Wölfel.