Gerd Müller wird neuer Entwicklungsminister

Gerd Müller wird neuer Entwicklungsminister

Es war das Ressort, über dem bis zuletzt ein großes Fragezeichen schwebte. Erst am späten Sonntagnachmittag stand offiziell fest, wer Dirk Niebel (FDP) an der Spitze des Entwicklungsministeriums nachfolgen wird. Viele Namen waren in Umlauf; zunächst sollte die SPD die Führung des Hauses stellen und damit an die elfjährige Amtszeit von Niebels Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul anknüpfen. Doch stattdessen kam die CSU zum Zuge und mit ihr Gerd Müller, bisher Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium.

Erstellt: 16.12.2013
Aktualisiert: 12.07.2015
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Es war das Ressort, über dem bis zuletzt ein großes Fragezeichen schwebte. Erst am späten Sonntagnachmittag stand offiziell fest, wer Dirk Niebel (FDP) an der Spitze des Entwicklungsministeriums nachfolgen wird. Viele Namen waren in Umlauf; zunächst sollte die SPD die Führung des Hauses stellen und damit an die elfjährige Amtszeit von Niebels Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul anknüpfen. Doch stattdessen kam die CSU zum Zuge und mit ihr Gerd Müller, bisher Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium.

Ein Blick auf die Geschichte des 1961 gegründeten Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz BMZ, zeigt: Die CSU stellte in der Vergangenheit genauso viele Ressortleiter wie die SPD, nämlich sechs.

Dass mit dem 58-jährigen Müller ein Vertreter der zweiten Reihe das Ruder übernimmt, mag manch einer als Bestätigung für die Parole „Bloß nicht Entwicklungsminister!“ nehmen, die während des Berliner Koalitionspokers die Runde machte. Schon länger gibt es Debatten über Aufgaben und Zuschnitt des Ministeriums. Die FDP zog 2009 mit der Forderung in den Bundestagswahlkampf, das BMZ abzuschaffen – bevor sie eben dieses Ressort dann selber übernahm. Diesmal kursierten Erwägungen, das Ministerium zu verkleinern und die Zuständigkeit für Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien ganz an das Außenministerium abzugeben. Das alles führte dazu, dass Anwärter für die Leitung des BMZ, dessen Hauptsitz immer noch Bonn ist, nicht unbedingt Schlange standen.

Viele Baustellen

Dabei ist die entwicklungspolitische Agenda gut bestückt. In ihrem Koalitionsvertrag bekräftigten Union und SPD, am sogenannten 0,7 Prozent-Ziel festhalten zu wollen. Das sah eigentlich vor, bis 2015 mit diesem Anteil des Bruttonationaleinkommens die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Die Frist ist wohl nicht mehr einzuhalten. In den kommenden vier Jahren will die künftige Bundesregierung aber immerhin zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung stellen, um sich der Vorgabe „anzunähern“.

Bild: © KNA

Eine weitere Baustelle ist die Weiterentwicklung der Millennium-Entwicklungsziele der UN. Diese laufen 2015 aus und sollen durch neue Vorgaben ersetzt werden. Offene Fragen gibt es auch beim Umgang mit fragilen Staaten wie Afghanistan, Somalia oder Niger – selbst wenn sich das BMZ mit dem Verteidigungs- und dem Außenministerium bereits auf gemeinsame Leitlinien verständigte. Die Liste ließe sich fortsetzen mit den Rufen nach einer besseren Koordination der Entwicklungspolitik auf EU-Ebene.

Wie wichtig gerade multilaterale Abstimmungen in einer globalisierten Welt sind, zeigte sich etwa bei der als „Wunder von Bali“ bezeichneten Einigung der Welthandelsorganisation (WTO) auf ein neues Freihandelsabkommen. Die dabei beschlossene Ächtung von Exportsubventionen könnte verhindern, dass Produkte und Erzeugnisse aus Industrienationen weiter zu Dumpingpreisen auf den Märkten Asiens und Afrikas angeboten werden und deren wirtschaftliche Entwicklung hemmen.

Kampf gegen Hunger im Fokus

Neu-Minister Müller wird wohl kaum über Langeweile klagen. Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit sollen laut Koalitionsvertrag aber im Kampf gegen Hunger und Unterernährung liegen. Dabei wollen Union und SPD die ländliche Entwicklung fördern und „unverantwortlichen Nahrungsmittelspekulationen“ entgegentreten. „Auf alle Fälle brauchen wir an der Spitze eine Persönlichkeit, die mit großem Engagement die wichtigen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit im Herzen trägt“, formulierte unlängst der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, in einem Interview . Wenn es nach diesen ersten Anforderungsprofilen aus Politik und Zivilgesellschaft geht, hat der neue Minister zumindest gute Karten in der Hand: Müller, der seit 2009 auch Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden ist, gilt als Experte für internationale Agrarpolitik.

Daher hofft Misereor-Chef Spiegel, dass „sich Gerd Müller als Minister für eine verbesserte Agrar- und Fischereipolitik Deutschlands und der EU einsetzt, die die entwicklungspolitischen Ziele nicht unterminiert.“ Darüber hinaus müsse er sich ebenso in den anderen Ressorts, wie Wirtschaft-, Umwelt-, Klima- und Energiepolitik, für wichtige Weichenstellungen stark machen. „Denn nur eine kohärente Politik wird die globalen Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung angehen können“, betonte der Misereor-Hauptgeschäftsführer am Montag in Aachen.

Von Joachim Heinz

Lese-Tipp

Die Berlin-Korrespondentin des Magazins Welt-Sichten, Marina Zapf, stellt den neuen Entwicklungsminister Gerd Müller genauer vor: