Belo Monte: Staudammprojekt erneut gestoppt
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Belo Monte: Staudammprojekt erneut gestoppt

Auf den Baustellen des Staudammprojektes „Belo Monte“ im brasilianischen Bundesstaat Para stehen die Bauarbeiten mal wieder still. Wie das Nachrichtenportal „Brasilnews“ am vergangenen Freitag berichtete, haben die 27.000 Arbeiter nach einer Urabstimmung am Dienstag, 26.11., ihre Arbeit niedergelegt.

Erstellt: 04.12.2013
Aktualisiert: 12.07.2015
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Auf den Baustellen des Staudammprojektes „Belo Monte“ im brasilianischen Bundesstaat Para stehen die Bauarbeiten mal wieder still. Wie das Nachrichtenportal „Brasilnews“ am vergangenen Freitag berichtete, haben die 27.000 Arbeiter nach einer Urabstimmung am Dienstag, 26.11., ihre Arbeit niedergelegt.

Grund für den Streik sei eine Lohnerhöhung von 15 Prozent, die die Arbeiter forderten. Das Baukonsortium Consórcio Construtor Belo Monte (CCBM) gestehe derzeit allerdings nur 11 Prozent zu. Darüber hinaus verlangten die Arbeitnehmer eine Krankenversicherung und eine Erhöhung von Zusatzleistungen wie den Speisemarken.

Es ist nicht das erste Mal, dass es bei dem umstrittenen Wasserkraftprojekt am Xingu-Fluss zum Baustopp kommt. Seit der Erteilung der ersten Baugenehmigung im Jahr 2011 wurden die Arbeiten nun zum 17. Mal niedergelegt – davon dreimal durch gerichtliche Beschlüsse. Der Grund: Nichteinhaltung von Umweltauflagen, Beeinträchtigung des Fischfangs, Verstoß gegen den Schutz von Mensch und Tier.

Verheerende Folgen für Mensch und Natur

Seit Jahren warnen Menschenrechtler, Umweltaktivisten und Kirchenvertreter vor den verheerenden Folgen des drittgrößten Staudamms der Erde. Sie befürchten die Zerstörung von Schutzgebieten und Regenwaldflächen. Viele Tier- und Pflanzenarten sowie der Lebensraum der dort ansässigen indigenen Bevölkerung sind bedroht. Nach Einschätzungen von Kritikern verlieren durch den Staudamm bis zu 40.000 Fischer und Indigene ihren Grund und Boden – und damit auch ihre Lebensgrundlage.

Einer der wohl bekanntesten Gegner des Belo-Monte-Projektes ist der aus Österreich stammende Bischof und Umweltaktivist Erwin Kräutler. Für seinen Kampf gegen den Mega-Staudamm und seinen Einsatz für die Rechte der Indigenen erhielt der „Amazonasbischof“ 2010 den „alternativen Nobelpreis“, den Right Livelihood Award.

„Das ist Verfassungsbruch“

Der 74-jährige Bischof der Diözese Xingu wird nicht müde zu betonen, dass das Betreiberunternehmen Norte Energía mit dem Bau von Belo Monte schlichtweg Verfassungsbruch begangen habe – und zwar mehrfach. „Wenn Bodenschätze oder Wasserkraft in den indigenen Gebieten verwendet werden, müssen die indigenen Völker vorher konsultiert werden. Das ist nicht geschehen“, so Kräutler. Darüber hinaus habe die Umweltbehörde Ibama vierzig Auflagen zum Schutz von Mensch und Natur geschaffen, die vor der Eröffnung der Baustelle erfüllt werden müssten. „Diese vierzig Bedingungen sind nicht erfüllt worden“, erklärte der Geistliche.

Auch die anderen Oberhirten im Amazonasgebiet kritisieren die Entwicklungspläne der brasilianischen Regierung über die Köpfe der Völker im Amazonasgebiet hinweg. Umwelt und Mensch dürften bei Großbauprojekten wie Belo Monte nicht vergessen werden, mahnte der Vorsitzende der Bischofskommission für Amazonien, Kardinal Cláudio Hummes, Ende Oktober in Manaus. Vom 28. bis 31. Oktober tagten dort zum ersten Mal Bischöfe, Laien und Verantwortliche von Institutionen aus sechs Regionen, um über Amazoniens Zukunft zu beraten.

„Die Kirche versteht den Amazonasraum als einen Lebensraum mit und für Menschen“, erklärte Klemens Paffhausen, Brasilien-Referent des Lateinamerika Hilfswerks Adveniat, gegenüber dem Internetportal Weltkirche. Er nahm als Vertreter des Hilfswerks an der Tagung in Manaus teil. Eine solche Sicht- und Herangehensweise sei eine klare Absage an Ausbeutung und Zerstörung, verstehe die Zukunft aber auch als Bewährungsprobe für den Umgang des Menschen mit Gottes Schöpfung, so Paffhausen.

Rückenwind aus dem Vatikan

Starken Rückenwind erhält die Kirche Amazoniens seit diesem Jahr auch von ganz oben. Bei einem Treffen mit brasilianischen Kardinälen und Bischöfen während des Weltjugendtages in Rio de Janeiro verurteilte Papst Franziskus die ungezügelte Ausbeutung des Amazonasgebiets. Er erinnerte an die ökologischen Forderungen eines Grundsatzpapiers des lateinamerikanischen Bischofsrates von 2007, an dem er selbst maßgeblich mitgewirkt hatte. Dieses sogenannte Dokument von Aparecida geißelt einen „zunehmend aggressiven Umgang“ mit der Artenvielfalt und den Ressourcen des größten Ökosystems der Welt unter anderem durch internationale Konzerne. Zudem stellt es sich hinter die Rechte einheimischer Völker.

Weiterhin verwies Franziskus auf das langjährige Engagement katholischer Institutionen in dieser Region. „Die Kirche ist in Amazonien nicht wie jemand, der die Koffer in der Hand hat, um abzureisen, nachdem er alles ausgebeutet hat, was er konnte“, sagte er. Die Kirche sei in Amazonien von Anfang an präsent gewesen und bleibe weiterhin „bestimmend für die Zukunft dieses Gebiets“. (mit kna/Radio Vatikan)

Von Lena Kretschmann