Mit der Durchsetzung der Kaduna-Erklärung gelang ihnen erstmals spektakulär die Durchsetzung eines regionalen Dialogabkommens zur Beendigung eines regionalen Konfliktes mit religiösem Bezug. In einer großen öffentlichen Feier verpflichteten sich christliche und muslimische Führer, unterstützt von der Lokalverwaltung, fortan auch er Beachtung deeskalierender Regeln. Dies sollte der Region fast 10 Jahre Stabilität bringen, wurde aber in Bezug auf die Einbeziehung von Frauen und Jugendlichen kaum umgesetzt. In der Folgezeit bauten sie in ihrem Peace Centre zusehends Teams aus, die in ihrem Sinne in Konflikte eingreifen konnten. Hatten sie anfangs ihre Wende fast verheimlicht, brachte sie die größere Öffentlichkeit für ihren Dialog unter starken Druck des jeweils eigenen Lagers. Viele hielten sie für Feiglinge und Verräter, aber eigentlich immer weniger. Viele Gegner ihrer Bemühungen der frühen Jahre seien heute selbst dabei.
Zwischen 2002 und Juni 2004 kam es zu Ausbrüchen von Gewalt gerade im Zentrum Nigerias, im Plateau-State. Allein im Mai kam es in und um die kleinen Orte Yelwa und Shandam zu über 630 Toten. Ashafa und Wuye eilten an den Ort des blutigen Geschehens, um die verfeindeten Lager zur Vernunft zu bringen. Wieder war es wichtig, dass die Initiative zur Befriedung von einem religiös gemischten Team ausging. Viele Einzeltreffen über Monate waren nötig, um es auch im Jahr 2005 hier zu einem Akt der Versöhnung kommen zu lassen. Täter bekannten ihre Schuld, Vertreter der Opfer zeigten Gesten der Versöhnung.
Keimzelle der Konflikte
Doch worüber brechen die Konflikte aus? Es sind, so die zwei Preisträger, gerade Veränderungen in der Bewohnung und Nutzung von Teilen des Landes die Probleme schaffen. In Yewla und Shandam gab es schon Jahrzehnte Dispute darüber, welche Ethnie traditionell diese Region besiedelt und somit Recht auf Vorherrschaft habe. Viele Jahre habe es dabei keine religiöse Begründung für den Konflikt gegeben. Aber in der Situation der Demokratisierung und des Erstarkens der Parteien, argumentierten Politiker plötzlich damit, Garant des Einflusses der einen oder anderen Religion zu sein – um sich die Stimmen ihres religiösen Umfeldes zu sichern.
Ashafa und Wuye weisen darauf hin, dass die zunehmende Austrocknung von Böden, das Ausbreiten der Wüste, Menschen aus dem Norden Richtung Süden vertreibe. Konflikte seine da unvermeidlich. Zudem seien Nomaden tendenziell eher Muslime, Bauern oft Christen. Aber Konflikte um die Zugänge zu Märkten, Land und vielen Bürgerrechten der Zugezogenen, würden im Nigeria von heute gerne religiös verbrämt.
Die durch die Verschlechterung der natürlichen Bedingungen aus dem Norden Vertriebenen sorgen unzweifelhaft für weitere Destabilität. Über den Unfrieden, den ökologische Probleme im Norden zusehends in den südlicheren Teilen Nigerias brächten, seien sie dann zur Ökologie gekommen. So ist ihnen eine gemeinsame Initiative gegen das Verschwinden der Wälder und die Erosion der Böden heute von größter Bedeutung. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit solle zusehends die Betonung der Rolle der Frauen in der Friedensarbeit sein. Frauen seien als Zentrum der Familie ideal dafür, Kinder friedensorientiert zu erziehen und zum Frieden in der Gemeinschaft beizutragen.
Friedensvermittler
In den letzten Jahren wurden Ashafa und Wuye zudem immer mehr ins Ausland gerufen, nach Ghana und Somalia oder den Tschad oder Kenia im Nachklang des Nachwahlkonflikts 2007 / 2008 in Kenia. Gerade in westlichen Teilen des Landes, wo Viehdiebstahl und hohe Bewaffnung der viehhaltenden Ethnien in einer sehr trockenen Natur ein dauerndes Gefahrenpotential bedeuten, sind ihre Konflikterfahrungen in einem so Ashafa „innerchristlichen Konflikt“ von hoher Relevanz, bestehen ihre Inputs nicht nur aus Friedenstraining, sondern auch aus der Unterstützung des Wasser- und Bodenschutzes. Gleichzeitig hat es sie sehr beeindruckt, dass die Feinde der damals so blutigen Nachwahlzeit heute zusammen die Regierung bilden, sehen – wie in ihrem eigenen Beispiel – die Fähigkeit zur Vergebung als eine besondere afrikanische Qualität, die dem verrechtlichen Weg der vom Westen dominierten Staatengemeinschaft vorzuziehen sei.
Beide haben sich stark gegen westliche Modelle der Friedenserhaltung und der völkerrechtlichen Bestrafung von Konfliktbeteiligten ausgesprochen. Sie glauben viel mehr an eine afrikanische Lösung in Bezug auf Heilung von Wunden und Umgang mit Tätern, in der traditionellen Methoden plus christliche und muslimische Inputs zusammen wirksam werden sollen. So ist der Aufbau eines Forschungszentrums für afrikanische Wege der Friedenserhaltung eines der aktuellen Projekte ihres Friedensinstitutes.
Von Erhard Brunn