Frage: Zum Beispiel?
Schroeder: Ein konkretes Beispiel ist der Umgang mit Schäden und Verlusten durch den Klimawandel. Der sogenannte „Loss and Damage“-Mechanismus könnte hier beschlossen werden. Das würde die Möglichkeit eröffnen, zu überlegen, wie man die Betroffenen unterstützen kann – auch und gerade nach all den „unsichtbaren Katastrophen“, bei denen kaum internationale Hilfe anläuft, wie die heftigen Monsunregen in Indien. Oder wenn Inseln aufgrund des Meeresspiegels untergehen und gar ganze Staaten ihren Grund und Boden verlieren.
Frage: Der deutsche Umweltminister Peter Altmaier hat ja am Mittwoch schon konkrete Summen versprochen.
Schroeder: Aufgrund der andauernden Koalitionsverhandlungen will die Bundesregierung nichts Genaues zu Klimaschutzzusagen sagen. Und um überhaupt etwas liefern zu können, hat sie jetzt neue Gelder für den Klima- und Waldschutz zugesagt und 30 Millionen in den unterfinanzierten Anpassungsfonds gesteckt. Das ist ein gutes Signal – aber viel wichtiger wäre gewesen, die Bundesregierung hätte sich deutlich geäußert, wie viel Klimaschutz sie selbst leisten will. Zudem: Ob diese Gelder neue Gelder sind oder „alte“ längst eingeplante Mittel, müssen wir noch in Ruhe prüfen.
Frage: Welche Rolle spielen die Koalitionsverhandlungen für den Gipfel?
Schroeder: Sie werden hier definitiv wahrgenommen. Deutschland gilt in der Welt gewissermaßen als Beweis, dass Wohlstand und Klimaschutz miteinander vereinbar sind. Und die Koalitionsverhandlungen werden zeigen, wie ambitioniert Deutschland diesen Weg weitergehen will. In den Klimaschutz weiter zu investieren, kann auch für andere Staaten ein deutliches Signal sein. Insofern trägt die Bundesregierung eine große moralische Verantwortung.
Frage: Was bedeutet der bislang ergebnislose Klimagipfel für Misereor als Hilfswerk?
Schroeder: Was uns besonders auffällt: Es bleibt immer weniger Zeit für langfristige Entwicklungshilfe, weil nicht zuletzt durch den Klimawandel eine Katastrophe nach der nächsten hereinbricht. Viele Erfolge unserer Arbeit stehen dadurch auf dem Spiel. Unser großes Ziel, eines Tages überflüssig zu werden, rückt so in weite Ferne.
Frage: Ist die Welt überhaupt noch zu retten?
Schroeder: Ja, aber die Frage ist, für wie viele Menschen der Planet noch würdevolles Leben ermöglichen kann. Wer Macht und Geld hat, wird wohlmöglich nicht betroffen sein.
Von Julia Rathcke