Tansania im Wandel
Das Verhältnis der großen Religionen in Tansania ist angespannt. Bisher war es selbstverständlich, dass Christen und Muslime friedlich ihren Glauben praktizierten und miteinander lebten. In den letzten Jahren werden Stimmen auf beiden Seiten laut, die sich und ihre Religion benachteiligt sehen. Einige Vertreter extremer Positionen heizen die Situation mit gegenseitiger Hetze und tätlichen Angriffen bis hin zu Mordanschlägen an.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Das Verhältnis der großen Religionen in Tansania ist angespannt. Bisher war es selbstverständlich, dass Christen und Muslime friedlich ihren Glauben praktizierten und miteinander lebten. In den letzten Jahren werden Stimmen auf beiden Seiten laut, die sich und ihre Religion benachteiligt sehen. Einige Vertreter extremer Positionen heizen die Situation mit gegenseitiger Hetze und tätlichen Angriffen bis hin zu Mordanschlägen an.
Viele Vertreter von Kirchen und muslimischen Organisationen versuchen gegenzusteuern und rufen dazu auf, in Eintracht und Frieden zusammenzuleben. Sie fordern den tansanischen Staat auf, den Ausgleich zwischen den verschiedenen Religionen aktiv zu fördern und extremistischen Strömungen entgegenzutreten. Wie kommt es zu diesen Entwicklungen, die das bisherige Miteinander gefährden? Wer hat daran Interesse? Wie lässt sich die aufgeheizte Lage abkühlen und entspannen?
Vom 2. bis 3. November fand in Erfurt der alljährliche Herbststudientag des Tanzania-Networks statt. Das gut besuchte Seminar beschäftigte sich mit dem brisanten Verhältnis zwischen Muslimen und Christen, das in den letzten Jahren manchmal zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führte.
Auf dem Studientag wurde zusammen mit Peter Mfoi (Generalvikar der Diözese Sansibar), Abdilatif Abdalla (ehem. Dozent an der Universität Leipzig), Volker Dally (Leipziger Missionswerk) und Christoph Pinkert (Trainer für konfliktsensible Bildungsarbeit) diskutiert, wie ein solcher Konflikt entstehen kann und was Lösungsansätze sein könnten.
Prävention, Eigenverantwortung und interreligiöser Dialog
Volker Dally betont: „Es sollte nicht erst gewartet werden, bis der Konflikt voll entbrannt ist. Wir aus dem Norden könnten unsere Erkenntnisse zur Verfügung stellen. Auch ein Erfahrungsaustausch zwischen Süd-Süd könnte hilfreich sein, zum Beispiel mit Indonesien, in dem es ähnliche Konfliktkonstellationen gibt.“
Abdilatif Abdalla stellt die muslimische Perspektive dar: „Muslime sind keine homogene Gruppe, die mit einer Stimme spricht, es gibt viele Richtungen und Meinungen. Speziell unter akademisch gebildeten Muslimen gibt es das Problem, dass viele bei ihrem Studium in den arabischen Ländern radikalisiert wurden. In westlichen Ländern wurden sie aber für ein Studium gar nicht erst zugelassen.“
Christoph Pinkert macht deutlich: „Was auch immer getan wird: Es sollte von den Betroffenen selbst kommen und auch von ihnen selbst finanziert werden. Sobald die Mittel von irgendwelchen anderen Leuten stammen, haben diese auch eine Kontrollfunktion. Mittel von außen sollten höchstens ergänzend sein und dann von den Betroffenen selbst kontrolliert werden.“
In seinem Schlusswort brachte Pater Mfoi, der über die aktuelle Situation in Sansibar berichtete, seine Hoffnung zum Ausdruck: „Interreligiöse Initiativen können Menschen dazu bringen, sich von den religionsbetonten Konflikten abzuwenden und sich um die sozialen Herausforderungen wie Armut, HIV und soziale Gerechtigkeit zu kümmern.“
Von Jana Prosinger