Nächstenliebe statt Bewaffnung
Nach dem Mord an einem koptisch-orthodoxen Priester vor einigen Monaten dort hatten sich schon 2.000 Muslime bewaffnet in einer Moschee versammelt, als sie fest mit einem Sturm der Rache der Christen rechneten. Jedoch berieten sich die Christen und beraumten daraufhin ein Treffen in einer Kirche mit Vertretern aller muslimischen Gruppierungen an. Einer der radikalen Muslime zeigte sich überrascht, als er dort keine Waffen vorfand. Der Bischof habe ihm daraufhin gesagt: „Doch, wir haben hier eine starke Waffe. Es ist die Liebe“.
Aufgrund regelmäßiger interreligiöser Begegnungen sei Assiut heute einer der friedlichsten Orte in Ägypten. „Ich habe bereits fünf neue Kirchen in meiner Diözese gebaut“, versicherte William. Fanatiker hätten dies einmal zu verhindert gesucht, aber ein Telefonat mit dem richtigen islamischen Vertreter habe jede Gefahr abwenden können. Die kleine bedrängte katholische Kirche am Nil, zu der sich 200.000 Anhänger von zusammen acht Millionen Christen bekennen, sei wegen ihres sozialen Engagements hoch geachtet. Wohl auch deswegen stellte Scholl-Latour abschließend fest: „Es ist ein Skandal, dass sich der Westen nicht schon früher um die Christen dort gekümmert hat.“
Von Michaela Koller