Die Hürden, die die Ex-Prostituierten auf dem Weg zurück in ein normales Leben überwinden müssen, sind hoch, räumt Sr. Mayrhofer ein. Viele Klientinnen hätten bereits zuvor in schwierigen Familienverhältnissen gelebt. Die meisten Frauen hätten keinen Schulabschluss, manche seien gar Analphabetinnen. Zur materiellen Armut kämen dann noch Alkoholprobleme, psychische Krankheiten und Gewalt in der Familie bis hin zum sexuellen Missbrauch. Diese Frauen würden, so Mayrhofer, von den Menschenhändlern gezielt ausgesucht, da sie leicht manipulierbar seien und sich selbst kaum schützen könnten. Die Menschenhändler würden nicht nur die Frauen selbst sondern auch deren Familien unter Druck setzen. Dabei gebe es Einzeltäter wie auch große Mafia-Organisationen.
Justiz und Exekutive zahnlos
Die Ordensfrau kritisiert, dass die österreichische Justiz immer weniger Opfer identifizieren könne, auch wenn regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden. Eine Frau müsste auf Anhieb sagen, dass sie ein Opfer sei und wer ihr was angetan habe. Mayrhofer: „Das tun sie aber aus Angst nicht, sie reden nicht einmal mit den Sozialarbeitern“. Viele Prostituierte würden ein Empfangsgerät im Ohr tragen; sobald sie sich zu lange mit den Streetworkern unterhalten, bemerke das der in der Nähe wartende Zuhälter. Die Frauen seien unter ständiger Kontrolle. Nur wenn sie sich völlig unbeobachtet fühlen, würden sie etwas freier reden.
Die Opfer würden auch kaum Prozesse durchstehen, erklärte Mayrhofer. Die Verteidigung arbeite darauf hin, die Frauen unglaubwürdig zu machen. Zudem gebe es nie Zeugen für das, was den Frauen angetan wurde. Es stehe somit stets Aussage gegen Aussage.
Wut auf Männer?
Wie gehen die Ordensfrauen selbst mit diesen Zuständen und Schicksalen um? Manchmal packe einen da schon die Wut auf die Männer, räumt Mayrhofer ein, „wenn Frauen wirklich erniedrigt und vergewaltigt werden“. Die Schwester erzählt von einem ihrer ersten Fälle, einer minderjährigen Litauerin, die in deren ersten Nacht in einem Keller an den Heizkörper gekettet und von sieben Männern vergewaltigt worden sei.
Probleme habe sie vor allem mit den Freiern, so Mayrhofer: „Warum müssen sie das käuflich erwerben, was sie sich mit ihren Frauen nicht zu machen trauen?“ Die Frage sei, ob dies etwas mit dem Sexualtrieb oder der Unfähigkeit, Beziehungen zu leben, zu tun habe. Es gehe dabei nicht nur um Beziehungsfragen, sondern auch um Macht, Kontrolle und Selbstwert. Mayrhofer: „Es ist natürlich auch so: Wenn ich jemanden kleiner mache und trete, bin ich größer.“