Was sich daraus im Falle etwa von extremen Wetterereignissen ableiten lässt, veranschaulicht Birkmann an einem Vergleich zwischen Deutschland und Pakistan. In beiden Ländern können Naturgefahren statistisch gesehen etwas mehr als 10 Prozent der Bevölkerung treffen. Bei der jüngsten Flutkatastrophe in Deutschland kamen im Frühsommer 8 Menschen ums Leben – bei der Überschwemmung in Pakistan 2010 waren es über 1.700. „Schaut man sich die Gesundheitsindikatoren an, wird deutlich, dass die Bewältigungskapazität in Pakistan ein unheimliches Problem darstellt.“
Oft reichen einfachste Maßnahmen
Oft lassen sich Menschenleben schon mit einfachsten Maßnahmen retten, ergänzt Peter Mucke vom „Bündnis Entwicklung Hilft“. Eine Schultoilette in Kenia etwa kostet höchstens 950 Euro, ein Brunnen für 80 Familien in Äthiopien 1.900 Euro. „Für nur 24 Euro im Jahr können sie einer Familie mit vier Kindern in Äthiopien den Zugang zu sauberem Brunnenwasser sichern“, rechnet Mucke vor. 2011 starben weltweit fast 650.000 Jungen und Mädchen unter fünf Jahren an Durchfall – mehr als an Malaria und Aids zusammen. Das ließe sich durch bessere Hygiene verhindern, so Mucke. Hinzu kommt: Eine gesündere Bevölkerung ist auch widerstandsfähiger gegen Naturgefahren, wie ein Blick auf den Kern des „WeltRisikoBerichts“, den WeltRisikoIndex, belegt.
Die Rangliste der am meisten gefährdeten Staaten führt Vanuatu an. Der kleine Pazifikstaat ist besonders stark von Erdbeben, Stürmen, Dürre und dem Meeresspiegelanstieg betroffen – und schneidet auch in Sachen Gesundheit und medizinische Versorgung extrem schlecht ab: So haben ungefähr 43 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu ausreichender Sanitärversorgung. „Viele Fakten“, sagt Peter Mucke, „sind bekannt. Was fehlt, ist oftmals der politische Wille, daraus Konsequenzen zu ziehen“ – wie vor über 100 Jahren bei der Cholera-Epidemie in Hamburg.
Von Joachim Heinz