Frage: Wie könnte denn eine friedliche Lösung aussehen?
Vogt: Auf syrischer Seite glaube ich, dass die beiden Konfliktparteien so lange kein Interesse an einem Dialog haben, so lange sie das Gefühl haben, dass sie von jeweils einer Seite der internationalen Mächte unterstützt werden. Assad wird von Russland unterstützt, die Opposition vom Westen. Beide denken, sie könnten ihre Schutzmächte in diesen Konflikt hineinziehen. Wenn jetzt die Gespräche, die eigentlich für heute in Den Haag zwischen den Vertretern Russlands und der USA geplant waren, schon wieder abgesagt wurden und die Konferenz Genf 2, auf die man im September gehofft hatte, damit wieder nicht vorbereitet wird, sehen sich beide Konfliktparteien darin bestätigt, dass die internationalen Partner auch kein Interesse am Dialog haben. Die beiden Lager könnten sich darin bestärkt fühlen, ihre militärischen Anstrengungen fortsetzen zu müssen. Daher müssen sich erst Russland und der Westen einig werden und tatsächlich einen Dialog führen. Erst dann kann man hoffen, dass man auch die beiden syrischen Konfliktparteien zu einem Dialog bewegen kann. Aber im Moment sind die Fronten sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene in Syrien tatsächlich verhärtet.
Frage: Wie geht es den Christen vor Ort?
Vogt: Die Berichte, die ich bekomme, sind von Schwestern aus Damaskus und Homs. Sie haben vor einem internationalen Engreifen in Syrien große Angst, weil sie sehen, dass eine Militärintervention das Chaos in Syrien noch vergrößern würde. Gerade die Christen leiden in besonderer Weise unter dem Chaos, was sich nicht nur die Rebellen, sondern auch Gruppen von Banditen zunutze machen, um Menschen zu entführen – das betrifft Christen, das betrifft aber auch Muslime – um Lösegeld zu erpressen, um straflos Morde und andere Straftaten, Plünderungen zu begehen. Die Christen haben, wie alle Syrer, ein großes Interesse daran, dass dieser Konflikt schnell zu Ende geht und es eine stabile Lösung für Syrien gibt. Ich glaube, den Menschen in Syrien ist im Moment fast egal, wer Gewinner dieser Auseinandersetzung ist. Sie möchten nur, dass der Krieg möglichst schnell endet.