Gerade in den Sommermonaten landen in Malta fast täglich Boote mit meist somalischen und eritreischen Flüchtlingen, die von Libyen aus in Richtung Europa aufbrechen. Allein in den vergangenen zehn Tagen kamen rund 700 Flüchtlinge nach Malta, das knapp 420.000 Einwohner hat. Eine große Herausforderung für ein kleines Land.
Kirche und Politiker verurteilen Muscats Vorgehen
Während die katholische Kirche, viele Hilfswerke, zahlreiche Juristen, Politiker und EU-Funktionäre Muscats radikales Vorhaben verurteilen, applaudiert ein nicht zu unterschätzender Teil der Bevölkerung dem Ministerpräsidenten. In den Leserbriefkolumnen loben sie Muscats klare Linie; es heißt: „Das hat nichts mit Rassismus zu tun, sondern mit der Menge derer, die ankommen und den daraus entstehenden Kosten.“ Ein anderer Leser fordert „ein Referendum in Sachen Asylpolitik“. Ein dritter sagt einfach: „Jetzt reicht es!“
Nur selten liest man Kommentare wie jenen, der Ministerpräsident habe mit seinem erzwungenen Rückzieher den Maltesern und der Welt „seinen Mangel an Takt, politischer Klugheit und gleichzeitig wahrscheinlich auch Unwissen über EU-Gesetze und Vereinbarungen“ gezeigt. Auch die großen englischsprachigen Zeitungen äußern sich ungewöhnlich einstimmig. „Illegal, gefährlich und schändlich“ nannte die „Times of Malta“ die geplante Abschiebung. Saviour Balzan von „Malta Today“ beklagt, Muscat habe seine „politischen Überzeugungen ins Meer geworfen“.
Eines jedoch scheint Gegnern wie Befürwortern der Aktion gemein: Sie alle sind überzeugt, dass die EU in Sachen Flüchtlingspolitik bei weitem nicht genug für den kleinen Inselstaat getan hat und dass Malta dringend mehr Unterstützung braucht. Nur die Art, wie man die EU-Verantwortlichen dazu bringt, Maltas Probleme mit den Bootsflüchtlingen nachhaltig anzugehen – darüber gibt es verschiedene Ansichten. Eine sehr radikale hat Ministerpräsident Joseph Muscat gewählt. Er nannte sie einen „Weckruf“ an die EU.
Von Livia Leykauf