Neuregelung des Asylrechts
Unter diesem Druck verständigten sich Union, SPD und FDP im Dezember 1992 nach langen Auseinandersetzungen auf eine Neuregelung des Asylrechts. Die Verfahren sollten beschleunigt und ein Missbrauch verhindert werden. Dazu wurde Artikel 16 durch mehrere Zusätze eingeschränkt – und nach Meinung der Kritiker ausgehöhlt und demontiert. Als der Bundestag am 26. Mai 1993 nach 14 Stunden Debatte über den Asylkompromiss abstimmte, legten 10.000 Demonstranten das Bonner Regierungsviertel lahm. Am Ende sorgten 521 Bundestagsabgeordnete für die notwendige Zweidrittelmehrheit.
Konkret gab es folgende Änderungen: Wer über ein EU-Land oder ein anderes sicheres Nachbarland Deutschlands einreist, kann abgewiesen werden. Das besagt die „Drittstaatenregelung“. Auf dem Landweg können Flüchtlinge in Deutschland also kaum noch Asyl erhalten. Auch durch die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten werden Flüchtlinge vom Asyl ausgeschlossen.
Mit der Änderung des Asylrechts ging die Zahl der Antragsteller zunächst stark zurück; die Anerkennungsquoten liegen um ein Prozent. 1995 stellten rund 127.000 Menschen Asylerstanträge, 2007 nur noch rund 19.000. Seitdem steigen die Zahlen wieder. 2012 waren es – vor allem wegen Syrien – rund 77.000 Anträge.
Gegen eine Abschottung Europas
Dabei bleibt die Asylpolitik weiter ein Zankapfel. Die EU-Kommission plädiert für ein europäisches Asylsystem, das Länder wie Deutschland mehr in die Pflicht nehmen würde. 2012 stellten knapp 300.000 Menschen einen Antrag auf Asyl in einem EU-Mitgliedstaat. Organisationen wie Pro Asyl protestieren gegen eine Abschottung Europas und gegen den Skandal, dass fast täglich Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken.
Auch die Leistungen für Asylbewerber, ihre Integration und der Zugang zum Arbeitsmarkt blieben strittig: Erst im Februar entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Leistungen für Flüchtlinge, die weit unter dem Hartz-IV-Regelsatz lagen, verfassungswidrig sind und umgehend angehoben werden müssen. Die Kirchen machen sich etwa für die Abschaffung der Residenzpflicht stark, die Asylbewerbern in ihrer Bewegungsfreiheit stark einschränkt.
Von Christoph Arens