
Gemischte Reaktionen auf neues Asylpaket
Einem gemeinsamen Asylsystem der europäischen Mitgliedstaaten hat am Mittwoch das EU-Parlament zugestimmt. Das neue Regelwerk soll dazu beitragen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber in allen EU-Ländern gleich behandelt werden. Notwendig wurde ein gemeinsames System, da die Asylpraxis in den EU-Mitgliedstaaten bis dato nicht einheitlich gehandhabt wurde.
Aktualisiert: 11.07.2015
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Einem gemeinsamen Asylsystem der europäischen Mitgliedstaaten hat am Mittwoch das EU-Parlament zugestimmt. Das neue Regelwerk soll dazu beitragen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber in allen EU-Ländern gleich behandelt werden. Notwendig wurde ein gemeinsames System, da die Asylpraxis in den EU-Mitgliedstaaten bis dato nicht einheitlich gehandhabt wurde.
Künftig sollen Asylverfahren binnen sechs Monaten abgewickelt werden. Nur in Ausnahmefällen und bei besonders schwierigen Fällen darf das Verfahren 18 Monate dauern. Darüber hinaus soll Bewerbern leichterer Zugang zu kostenlosem rechtlichen und psychologischem Beistand ermöglicht werden. Asylbewerber können zudem nach neun Monaten eine Arbeit aufnehmen. Weiter sieht das EU-Paket vor, dass Minderjährige besser geschützt werden. Auch sollen Polizei- und Einwanderungsbeamte besser im Umgang mit Asylbewerbern geschult werden.
EU-Bischöfe begrüßen das gemeinsame Asylsystem
Die Fraktionen des EU-Parlaments sind uneins darüber, inwieweit das neue Regelwerk Besserungen mit sich bringt. Die EU-Bischofskommission COMECE begrüßte das gemeinsame EU-Asylsystem. Die CDU-Fraktion sprach von einem modernen Flüchtlingsrecht. Positive Resonanz kam auch von der SPD-Fraktion. „Endlich werden die Rechte von Asylbewerbern in der EU gestärkt“, sagte die Innenexpertin der SPD-Fraktion im EU-Parlament, Birgit Sippel.
Allerdings gibt es nach Ansicht Sippels auch Schwachstellen. So bleibe das Problem der ungleichen Verteilung von Asylsuchenden auf die einzelnen Mitgliedstaaten bestehen, da Flüchtlinge weiter dort um Asyl bitten müssten, wo sie erstmals in die EU eingereist sind. Das belastet vor allem Grenzstaaten wie Griechenland, Italien oder Malta. Die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nadja Hirsch forderte „einen fairen europäischen Verteilungsschlüssel“. Vereinbart worden sei lediglich ein Frühwarnsystem, um der möglichen Überforderung eines Mitgliedstaates zu begegnen.
„Unangemessene administrative Hindernisse dürfen nicht dazu führen, dass eine faire Entscheidung in überschaubarer Zeit verhindert wird.“
Die Sprecherin der EU-Bischöfe, Johanna Touzel, sagte am Freitagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Brüssel, die Neuregelung könne zu einem nützlichen Instrument werden, um jene zu schützen, die gemeinsam mit ihren Familien in Drittstaaten verfolgt würden. Es sei wichtig, dass die Betroffenen „vom ersten Moment an unterstützt werden, in dem sie um internationale Hilfe nachsuchen“.
„Unangemessene administrative Hindernisse dürfen nicht dazu führen, dass eine faire Entscheidung in überschaubarer Zeit verhindert wird“, so die Sprecherin der Bischöfe. Zudem müsse es auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten Solidarität mit jenen Ländern geben, die bereits durch einen starken Flüchtlingsandrang belastet seien. Die Asylpraxis müsse speziell den besonders gefährdeten Flüchtlingsgruppen Aufmerksamkeit schenken; dazu zählten schwangere Frauen, ältere Menschen und Minderjährige.
Kritik seitens des Italienischen Flüchtlingsrats und Pro Asyl
Der Italienische Flüchtlingsrat (CIR) zeigte sich dagegen über das Paket „insgesamt eher enttäuscht“. Für CIR-Direktor Christopher Hein geht die Neuregelung, die von den EU-Staaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht überführt werden sollen, an der Realität der Mittelmeerflüchtlinge vorbei: „Was das Besorgniserregendste ist in diesem ganzen Paket: Dass überhaupt nicht darüber gesprochen wird, wie man nach Europa reinkommt, wie man in das Asylverfahren reinkommt, wie man einen Zugang zum Rechtsschutz hat“, beklagt Hein. Ebenso wenig seien im Gesetzespaket Vorschriften für die Integration der Flüchtlinge und Asylbewerber vorhanden, so der CIR-Direktor weiter. In Italien, wo es praktisch kein Integrationsprogramm gebe, wäre für eine solche Anregung etwa großer Bedarf gewesen.
Auch das Netzwerk Pro Asyl übte Kritik am neuen Asylpaket. Der „Flickenteppich im Asylrecht“ werde fortbestehen; Inhaftierungen drohten „zur Regel zu werden“.