So verschieden die gesellschaftliche, wirtschaftliche und kirchliche Lage in den Ländern des Subkontinents ist: In den vergangenen Jahren war in vielen Staaten Lateinamerikas – ausgehend von Venezuela und Bolivien – ein politischer Linksruck zu verzeichnen, den die katholische Kirchenführung der betreffenden Länder kritisch und vernehmlich begleitet. Dabei sind ihre Stellungnahmen nicht vornehmlich (partei-)politischer Art, sondern auf das Anmahnen von Menschenrechten, sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde bedacht.
Dies wird gleichwohl vielfach als Parteinahme und politische Opposition wahrgenommen. Weitere Positionen im gesellschaftlichen Diskurs sind der Schutz der traditionellen Familie, der Lebensschutz oder der Kampf gegen Drogenkriminalität.
Aufschwung evangelikaler Bewegungen
Ein starker Trend in vielen Ländern des Kontinents ist die fast explosionsartige Ausbreitung evangelikaler Sekten. Einst von den USA massiv befördert als ein Gegengewicht zum „linken“, befreiungstheologisch geprägten Katholizismus, gewinnen diese Gruppierungen mit massiver medialer Präsenz, einer rasant schnellen „Ausbildung“ von Predigern und haltlosen Heilsversprechen großen Zulauf – vor allem dort, wo die „normale“ katholische Pfarrseelsorge an die Grenzen ihrer Ressourcen stößt: in den Favelas, bei den Armen, Verzweifelten und Heilsuchenden.