Vielfach mussten die katholischen Missionsorden ihre Strategien sprunghaft ändern und stärker auf die Ausbildung eines einheimischen Klerus setzen. So haben die katholischen Kirchen Afrikas ihr Gesicht völlig verändert. Zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) waren sie noch fast komplett von ausländischen Missionaren bestimmt. Heute sind 90 Prozent der Bischöfe und des Klerus Afrikaner.
Zunächst geriet die katholische Kirche nicht nur durch ihre vormalige Stellung als verlängerter Arm der einstigen Kolonialherren unter Generalverdacht junger Staatsführungen. Auch ihre gute Infrastruktur und materielle Ausstattung schienen den noch schwachen, auf Ausbildung einer eigenen Autorität und Identität bedachten Regierungen als Bedrohung. So kam es in den 60er und 70er Jahren zu Konflikten und teils Verfolgungen, teils aber auch zu Arrangements mit autoritären Regimen.
Erst seit dem Abflauen der ideologischen Stellvertreterkriege in den 80er Jahren und angesichts kollabierender Volkswirtschaften in den 90er Jahren sieht man die katholische Kirche vor allem in der Verteidigung von Menschenrechten, im Kampf gegen Armut und in der Arbeit für den Frieden. Es gab Märtyrer der Menschenrechte und des Glaubens, etwa in Burundi, im Kongo oder in Algerien, aber auch Täter unter der Geistlichkeit wie beim Völkermord im vorwiegend katholischen Ruanda 1994. Priester und Ordensleute machten sich unterlassener Hilfeleistung oder gar aktiver Beteiligung an den Gräueln schuldig.
Zwischen Christen und Muslimen
In den Zonen zwischen dem muslimisch geprägten Norden und dem christlich geprägten Süden gibt es Länder mit religiös gemischter Bevölkerung: den Tschad, Nigeria, Sudan, Äthiopien. Nigeria, mit rund 160 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat des Kontinents, wird im Norden vorwiegend von Muslimen und im Süden vorwiegend von Christen bewohnt. Gerade im Zentrum des Landes kommt es immer wieder zu blutigen Zusammenstößen. Ähnlich die Lage im Sudan, von dem sich 2011 der vor allem von Christen bewohnte Südsudan als neuer Staat abspaltete. Wirtschaftliche, ethnische, soziale und politische Komponenten verbinden sich hier mit dem religiösen zu einem oft als islamisch-christlich verbrämten Konflikt.
Wer in Regionen ohne aktuelle Konflikte oder Hungerkrisen dem Leben der Kirche begegnet, kann eine ansteckende Frömmigkeit und Freude am Glauben erleben. Selbst Benedikt XVI. erklärte die Zeit reif für einen Papst aus Afrika. Und doch steht zu befürchten, dass mittelfristig westliche Phänomene wie Materialismus und Säkularisierung auch den Schwarzen Kontinent mit Wucht erfassen.
Volkskirchlichkeit, geringe Bildung und eine Obrigkeitshörigkeit, die vor allem in stark ländlichen Gebieten fortbestehen, sind keine Garanten für eine dauerhafte Blüte des Katholizismus.
Von Alexander Brüggemann