Steigende Preise von Grundnahrungsmitteln durch Anbau von Energiepflanzen
In drastischen Worten beschrieb demgegenüber Professor Hans Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts München, die ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen, die aus der Verknüpfung von Nahrungsmittel- und Energiemärkten resultierten. Bereits die „Hungerrevolten“, die 2007/2008 in 37 Ländern um sich gegriffen hatten, und die Aufstände der letzten Jahre in Nordafrika gingen ursächlich auf die verstärkte Nutzung von Ackerflächen für Agrarrohstoffe zurück. Es werde „Mord und Totschlag“ geben, wenn dieser Prozess weiter dynamisch voranschreite. Neueren Studien zufolge gingen mindestens 45 Prozent des Preisanstiegs von Grundnahrungsmitteln in den letzten 10 Jahren auf das Konto der Nutzung von Energiepflanzen. Durch den Ausbau dieses Sektors seien gerade die Grundnahrungsmittel der Armen – Mais, Weizen und Reis – betroffen.
Flächenkonkurrenz verschärft Hunger-Problematik
Professor Johannes Wallacher, Präsident der Hochschule für Philosophie München und als Vorsitzender der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ einer der Hauptautoren der von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichten Studie, analysierte die Flächenkonkurrenz als „verschärfenden Faktor“ der globalen Hunger-Problematik. Zwar sei es in einzelnen Regionen mutmaßlich möglich, Tank und Teller gleichzeitig zu versorgen. Eine Vielzahl von Untersuchungen zeige jedoch, dass dies im weltweiten Maßstab nicht gelingen könne. Wallacher wandte sich auch gegen zu optimistische Annahmen hinsichtlich der weiteren Produktivitätssteigerung der Böden.
Weitgehende Einigkeit zeigten die Diskutanten bei der Bewertung der sogenannten „zweiten Generation von Energiepflanzen“, das heißt der Energiegewinnung aus organischem Abfall und durch Anbau auf Flächen, die landwirtschaftlich anderweitig nicht genutzt werden können. Einhellig wurde dieser Entwicklung Potenzial zugesprochen, wobei strittig blieb, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang solche neuen landwirtschaftlichen Technologien zum vermehrten Einsatz kommen werden.