Padrón, der Erzbischof von Cumana, hat wenig Verständnis dafür, dass die Regierung keinen unabhängigen Mediziner aus Venezuela nach Kuba hat fliegen lassen, um die Angaben zu kontrollieren und für Transparenz zu sorgen. Kein Vertreter der Opposition, kein unabhängiger Vermittler hat Zugang zu Chávez, der sich nach Angaben der Opposition allein im vergangenen Jahr wegen seiner Operationen fast 200 Tage nicht im Land aufhielt. Bilder von Chávez gibt es nicht. An diesem Donnerstag will Argentiniens Staatspräsidentin, Cristina Kirchner, die sich Chávez politisch eng verbunden fühlt, dem Präsidenten einen Besuch abstatten. Ob sie vorgelassen wird, ist ungewiss.
Kritik seitens der Opposition
Möglich, dass sich der als zähe Kämpfer bekannte Ex-Oberst irgendwann zurückmeldet. Doch was, wenn Chávez den Kampf gegen den Krebs und die Komplikationen verliert und nicht mehr an die Schalthebel der Macht zurückkehren kann? Diese Ungewissheit kritisiert Oppositionsführer Henrique Capriles. Er forderte den Obersten Gerichtshof auf, eine Antwort auf das Machtvakuum zu geben. Parlamentspräsident Diosdado Cabello müsse kommissarisch die Amtsgeschäfte übernehmen, verlangen einige Abgeordnete.
Vizepräsident Nicolás Maduro, von Chávez vor seiner Operation als Nachfolger auserkoren, lieferte unterdessen die offizielle Interpretation der Verfassung ab: Er verkündete, Chávez werde einfach später vereidigt.
Kirche: Verschiebung der Vereidigung ist verfassungswidrig
Venezuelas Kirche stellt sich offen gegen die Sozialisten. Die Bischöfe, die sich derzeit zu ihrer Vollversammlung in Caracas aufhalten, stellten klar, dass nach ihrer Auffassung die von der Regierung angekündigte Verschiebung der Vereidigung nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Jeder Versuch eines Verfassungsmissbrauchs mit dem Ziel, eigene politische Interessen zu verfolgen, sei kategorisch abzulehnen. Dies sei unmoralisch und schade der Einheit und der Demokratie des Landes, erklärte der Vorsitzende, Erzbischof Padrón.
Einen interessanten Vorschlag unterbreitete unterdessen der mexikanische Umweltaktivist Homero Aridjis: Eine internationale Delegation unabhängiger Persönlichkeiten solle Chávez auf Kuba besuchen. Zumindest wäre damit eine Ungewissheit beendet.
Von Tobias Käufer