Frage: Aber es gibt durchaus Alternativen zur industriellen Landwirtschaft, zum Beispiel die Bauernkooperative „Reca“. Diese setzt sich für eine alternative Urwaldbewirtschaftung ein. Wer ist in der Kooperative zusammengeschlossen und wie funktioniert die alternative Pflanzung?
Ceppi: Die Bauernkooperative hat es geschafft, zwei Dinge zusammenzubringen: die jahrtausendealte landwirtschaftliche Kenntnis der indigenen Bevölkerung auf der einen und das Organisationstalent der zugewanderten Bauernfamilien aus dem Süden auf der anderen Seite. Ein Beispiel: Man hat damit angefangen, auf zwei Hektar Land zwei typische Früchte des Amazonasgebiets, Pupunha und Cupuaçu, anzupflanzen. Nach der Ernte werden alle Bestandteile dieser Früchte verwertet, nichts wird weggeschmissen. Aus den Kernen des Cupuaçu wird beispielsweise eine Art Fett gewonnen, das zu Hautcreme verarbeitet wird. Und das Fruchtfleisch der Pflanze dient der Herstellung von weißer Schokolade. Alle Produkte, die aus dem Anbau der Früchte gewonnen werden, werden von der Bauernkooperative selbst vermarktet.
Das besondere an „Reca“ ist, dass die Bauern an allen Produktionsschritten beteiligt sind. In der Großindustrie ist das anders: Die Mitarbeiter dort produzieren über Jahrzehnte hinweg immer das gleiche Werkstück. Ihnen fehlt der Überblick über die Gesamtproduktion. Die Mitglieder unserer Genossenschaft hingegen sind dazu in der Lage, jeden einzelnen Schritt in der Herstellung selbst zu machen. Das ist ein großer Vorteil.
Frage: Die Bauernkooperative scheint ein wahrer Segen für die Bauernfamilien vor Ort zu sein …
Ceppi: Das stimmt. „Reca“ besteht seit nunmehr 24 Jahren. Über 500 Familien können mittlerweile von der alternativen Urwaldbewirtschaftung leben. Es ist ein Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft, die weder nachhaltig wirtschaftet, noch Arbeitsplätze für die Ortsansässigen schafft. Daran sieht man, dass die Agroindustrie auf der einen und die Kleinbauern auf der anderen Seite zwei völlig unterschiedliche Wirtschaftsmodelle verfolgen. Die internationalen Konzerne sind zu hundert Prozent auf die Ausbeutung der Ressourcen ausgerichtet. Im Gegensatz dazu müssen die Kleinbauern von den natürlichen Ressourcen und Gegebenheiten vor Ort leben. Sie sind auf eine nachhaltige Landwirtschaft angewiesen, sonst verlieren sie ihre Lebensgrundlage. Schon im Buch Levitikus heißt es „Die Erde gehört niemandem, Ihr seid nur Gast auf dieser Erde“ – eine Mahnung, die bis heute nichts an Aktualität verloren hat.