Liechtensteins umstrittener Erzbischof tritt zurück
Papst nimmt altersbedingten Amtsverzicht an

Liechtensteins umstrittener Erzbischof tritt zurück

Vatikanstadt/Vaduz ‐ Der umstrittene Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, gibt sein Amt ab und geht tritt in den Ruhestand. In einem Abschiedsbrief bittet er all jene um Verzeihung, denen er wehgetan habe.

Erstellt: 20.09.2023
Aktualisiert: 20.09.2023
Lesedauer: 

Der Erzbischof von Vaduz in Liechtenstein, Wolfgang Haas, ist zurückgetreten. Papst Franziskus nahm den altersbedingten Amtsverzicht des 75-Jährigen an, wie das vatikanische Presseamt am Mittwoch mitteilte. Mit der Übergangsleitung beauftragte der Papst den Bischof der Nachbardiözese Feldkirch in Österreich, Benno Elbs (62).

Haas, der wegen etlicher Kontroversen immer wieder in die Schlagzeilen geriet, war seit 1997 Erzbischof von Vaduz und zuvor Bischof von Chur in der Schweiz. In zwei am Mittwoch veröffentlichten Abschiedsbriefen äußerte er sich zu seiner Emeritierung. „Im Rückblick auf meine bischöfliche Amtszeit bin ich mir durchaus meines persönlichen Ungenügens, ja so mancher Mängel und Grenzen bewusst“, schrieb der Geistliche. Er könne jedoch guten Gewissens sagen, niemandem bewusst Leid zugefügt zu haben. Haas fügte hinzu: „Vielleicht habe ich bisweilen einfach nicht gemerkt, dass dieses oder jenes Wort oder das eine oder andere Verhalten wehgetan haben könnte. Dennoch bitte ich all jene um Nachsicht und Verzeihung, die solches erlebt oder empfunden haben.“

Seinem Nachfolger wünschte der scheidende Erzbischof gutes Gelingen. Auf die „sehr edle Anregung einer (...) Abschiedsfeier“ wolle er indes nicht zurückkommen. Stattdessen kündigte Haas an, fortan ein möglichst zurückgezogenes Leben führen zu wollen. Nachfragen von Journalisten werde er nicht beantworten.

Bischof Elbs erklärte nach seiner Ernennung zum Administrator, er wolle in Zeiten des Übergangs ein guter Hirte für Liechtenstein sein. „Wie es unter Nachbarn ist, nimmt man Anteil am Leben der Anderen“, so Elbs. Als Übergangsleiter wolle er zwar Impulse setzen – „aber doch immer so, dass ein kommender Erzbischof frei seinen Weg gehen kann“.

Kontroversen in Chur und Liechtenstein

Haas war der letzte Amtsträger aus einer Riege kontroverser und entschieden konservativer Bischofsernennungen der späten 80er Jahre unter Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im deutschen Sprachraum. Dazu gehörten etwa die Kardinäle Hans Hermann Groer (Wien) und Joachim Meisner (Köln) oder Bischof Kurt Krenn in Sankt Pölten.

In Chur war der Kirchenrechtler Haas vom Vatikan direkt ernannt worden. Auf Bitten des damaligen Churer Bischofs Johannes Vonderach wurde Haas 1988 vom Papst zum Koadjutor (Helfer des Bischofs) mit Nachfolgerecht ernannt. Damit wurde das Recht des Domkapitels auf freie Bischofswahl umgangen; eine Möglichkeit, die das Kirchenrecht freilich vorsieht.

Im Bistum stieß Haas durch seine äußerst konservative Amtsführung, seinen Kommunikationsstil und seine Personalentscheidungen auf erbitterten Widerspruch der an Mitbestimmung gewöhnten Katholiken. Im Dezember 1997 beendete der Papst die konfliktreiche Amtszeit, indem er das kleine Alpen-Fürstentum Liechtenstein kirchenrechtlich vom Schweizer Bistum Chur abtrennte und den gebürtigen Liechtensteiner Haas zum Erzbischof von Vaduz beförderte.

Das rund 160 Quadratkilometer kleine Liechtenstein, mit weniger als 40.000 Einwohnern zwischen Österreich und der Schweiz gelegen, ist seit 1806 staatlich souverän, gehörte aber kirchenrechtlich von alters her zu Chur. Haas' Versetzung sorgte damals bei vielen Liechtensteinern für Empörung. Sie drohten mit einer Kirchenbesetzung und einer Störung der Amtseinführung. Die Regierung und fast der gesamte Landtag boykottierten die Zeremonie. Dagegen stellte sich Fürst Hans Adam II. hinter Haas.

Eine Beteiligung am von Papst Franziskus ausgerufenen weltweiten synodalen Prozess lehnte der Erzbischof zuletzt als unnötig ab. Im kleinen Liechtenstein könne man jederzeit miteinander sprechen, argumentierte er. Kritiker beklagen dagegen, Haas zeige keinerlei Interesse an der Meinung der Gläubigen. Ein „Verein für eine offene Kirche“ brachte daher einen eigenen Synodalen Weg für Liechtenstein an den Start; ein Reformprozess vorbei am Erzbischof.

KNA

Mehr zum Thema