„Müssen überlegen, was langfristig funktioniert“

Slow Food-Präsident: Afrika kann sich auch selbst ernähren

München ‐ Der Präsident von Slow Food-International, Edward Mukiibi (36), hat die Einmischung europäischer Agrarkonzerne in Afrika kritisiert.

Erstellt: 27.01.2023
Aktualisiert: 31.01.2023
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„Mich stört, wenn der globale Norden glaubt, es sei seine Verantwortung, die Welt zu ernähren. Dazu ist Afrika durchaus selbst in der Lage“, sagte Mukiibi im Interview der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag).

In seiner Heimat Uganda habe der studierte Landwirt die Nachteile des globalen Ernährungssystems und der industriellen Landwirtschaft selbst miterlebt. „Viele Probleme, mit denen wir in Afrika kämpfen, haben ihre Wurzeln hier in Europa „, erklärte Mukiibi am Rand der Agrarmesse „Grüne Woche“ in Berlin. Problematisch sehe er beispielsweise milliardenschwere EU-Subventionen für Afrika, die vor Ort allerdings fast ausschließlich an europäische Firmen gingen. „Viel besser wäre es, lokale Start-ups zu fördern, die großes Potenzial hätten, sozial und ökologisch nachhaltig zu arbeiten.“

Stattdessen werde mit dem Geld „Raubbau gefördert“, so Mukiibi. „Wenn europäische Fischer vor Westafrikas Küste Fisch fangen, um daraus Futter für Lachsfarmen in Europa zu machen, verlieren die lokalen Fischer ihre Lebensgrundlage. Das Problem darf aber nicht in Afrika gelassen werden, während Deutsche oder Italiener die Zuchtlachse essen.“

Gleichzeitig warnte der Agrarwissenschaftler davor, aktuelle Hungerkrisen mit einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft bekämpfen zu wollen. „Wir müssen uns überlegen, was langfristig funktioniert und gut für den Planeten ist. Biodiversität ist enorm wichtig“, mahnte Mukiibi. Der steigende Bedarf an Lebensmitteln müsse ökologisch verträglich gedeckt werden.

Mukiibi wurde im Juli vergangenes Jahr zum Nachfolger von Slow Food-Gründer Carlo Petrini gewählt. Der inzwischen 73-jährige Italiener gründete die soziale Bewegung offiziell 1986 und gilt weiterhin als ihr markantestes Gesicht. Obwohl offiziell nicht gläubig, pflegt Petrini seit längerer Zeit eine enge Beziehung zu Papst Franziskus. Im Jahr 2020 veröffentlichte beide ihre Gespräche über Ernährung, Ökologie und Soziale Gerechtigkeit in einem Buch mit dem Titel „Terrafutura“.

KNA