Workshop des Coast Interfaith Council of Clerics Trust, Träger des Agiamondo-Engagementpreises 2022
Coast Interfaith Council of Clerics setzt sich für faire Wahlen ein

Kenia: Interreligiöse Friedensbewegung erhält Agiamondo-Engagementpreis

Köln ‐ Erstmals geht der in Köln vergebene Agiamondo-Engagementpreis nach Kenia. Die Preis-Jury um die frühere Umweltministerin Barbara Hendricks bedachte eine Organisation, in der sich Muslime, Christen, Hindus und Angehörige traditioneller afrikanischer Glaubensgemeinschaften für den Frieden einsetzen.

Erstellt: 18.11.2022
Aktualisiert: 14.11.2022
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Der Agiamondo-Engagementpreis geht in diesem Jahr an den Coast Interfaith Council of Clerics Trust (CICC) in Kenia. Dies gab die Jury heute bei der Preisverleihung in Köln bekannt. Ein wichtiges Entscheidungskriterium sei gewesen, dass der CICC sich mit der Initiative „Faith for Safe Election“ gemeinsam mit Geistlichen und Führungspersonen unterschiedlicher Glaubensrichtungen dafür eingesetzt hatte, dass die diesjährigen Parlamentswahlen in Kenias Küstenregion friedlich und fair gestaltet wurden.

Gegründet wurde der CICC Trust 2001 aus der Erfahrung heraus, dass Geistliche und religiöse Führungspersonen in Kenia besonders geeignet dafür sind, politische und gesellschaftliche Konflikte zu befrieden. Das hatte sich in der Küstenregion in den 90er Jahren während gewalttätiger politischer Ausschreitungen gezeigt: Die Menschen suchten vor allem in Kirchen und Moscheen Schutz. Sie misstrauten Politik und Verwaltung, brachten aber ihren lokalen religiösen Führungspersönlichkeiten großes Vertrauen als neutrale Vermittlungspersonen entgegen. Diese schlossen sich zusammen und erreichten bald eine Beruhigung der Situation.

Seitdem hat es sich der Coast Interfaith Council of Clerics Trust mit Hauptsitz in Mombasa zur Aufgabe gemacht, die Vernetzung von lokal einflussreichen Geistlichen und religiösen Führungspersonen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu fördern, um Konflikten innerhalb der Gesellschaft vorzubeugen oder sie zu bearbeiten. Die Organisation ist in allen Bezirken der Küste, Garissa und Nairobi, vertreten. Eine Hauptaufgabe sieht die interreligiöse Organisation darin, die Vertrauenspersonen intensiv zu schulen und für ihre vermittelnde Rolle in politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu sensibilisieren.

Die Mitglieder des CICC Trust stammen aus islamischen, christlichen, hinduistischen und traditionellen afrikanischen Glaubensgemeinschaften. Ihr Vorstand setzt sich aus hochrangigen Geistlichen und religiösen Führungspersonen zusammen. Die Organisation engagiert sich für Bürgerbeteiligung und bürgernahe Regierungsführung, Ernährungssicherheit, friedliche Koexistenz und harmonisches Zusammenleben. Darüber hinaus ist sie im Kinderschutz, bei der Prävention und Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus und mit friedensfördernden Programmen tätig. Der CICC hat Bezirks-, Wahlkreis- und Gemeindeausschüsse, die sich jeweils aus sechs religiösen Führungspersonen der Mitgliedsorganisationen zusammensetzen. Diese Ausschüsse bereiten die CICC-Projekte maßgeblich vor und setzen sie um.

Eines der erfolgreichsten Projekte war die „Faith for Safe Election Initiative“ anlässlich der Parlamentswahlen im August 2022. Nach den Wahlen 2017, die extreme Gewalt auslösten und Menschenleben kosteten, hatte der CICC Trust diesmal einen Dialogprozess ins Leben gerufen, um die religiösen Führungspersönlichkeiten für eine sichere Wahlperiode zu gewinnen. Während des Wahltags engagierten sich 63 Klerikerinnen und Kleriker als offiziell akkreditierte Wahlbeobachtende. In der Stichwahl des Gouverneurs in Mombasa waren zusätzlich 40 Klerikerinnen und Kleriker aktiv. Sie wollten damit als Garanten für faire Wahlprozesse dienen.

Unregelmäßigkeiten dokumentiert

Zur Vorbereitung auf diese Aufgabe hatte der CICC Trust die Geistlichen in eigenen lokalen „Research Centers“ in Methoden der Feldforschung sowie der Sammlung und Auswertung von Daten ausgebildet. Mittels Tablets und über WhatsApp-Gruppen schilderten die Beobachtenden in Echtzeit, was in den örtlichen Wahllokalen geschah. So schafften sie es unter teilweise sehr schwierigen Umständen und trotz Schikanen der Behörden, Informationen über Unregelmäßigkeiten an die Mitarbeitenden des CICC zu übermitteln. Dank des Einsatzes von eigenen digitalen Tools konnte der CICC in kurzer Zeit einen zusammenfassenden Gesamtbericht zur Validierung der Wahl erstellen. Er dient zugleich als Basis für Strategien, um bei künftigen Wahlen noch besser mit möglichen Problemen umgehen zu können. Anders als 2017 kam es in diesem Jahr nicht zu weit verbreiteten Gewalttätigkeiten. Da der Wahlentscheid jedoch denkbar knapp ausfiel, befürchtet man beim CICC, dass der gesellschaftliche Friede nicht lange hält.

Agiamondo-Geschäftsführerin Dr. Claudia Lücking-Michel mit Skulptur des Bonner Diakons und Bildhauers Ralf Knoblauch
Bild: © Agiamondo

Agiamondo-Geschäftsführerin Dr. Claudia Lücking-Michel hält eine Skulptur des Bonner Diakons und Bildhauers Ralf Knoblauch, die an die Preisträger überreicht wird.

Der Coast Interfaith Council of Clerics Trust ist eine Partnerorganisation von Agiamondo. Der Fokus der Zusammenarbeit im Programm Ziviler Friedensdienst (ZFD) liegt auf dem Aufbau eines „Women Desk" zur Stärkung weiblicher religiöser Führungspersönlichkeiten und der Förderung von Graswurzelbewegungen gegen gewalttätigen Extremismus. Der ZFD unterstützt auch den Aufbau regionaler Research Center in den Bezirken und die „Faith for Safe Election Initiative“.

Mit dem Engagementpreis zeichnet Agiamondo jährlich Personen oder Organisationen aus, die sich besonders für Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Teilhabe, Frieden und Nachhaltigkeit einsetzen und dabei die Ziele und Werte von Agiamondo teilen und leben. Der Jury gehörten an Barbara Hendricks, von 2013 bis 2017 Bundesumweltministerin, Wolfgang Altenrath, Geschäftsführer der Pax Bank Köln, Birgit Mock, Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins und Vorstandsmitglied von Agiamondo sowie Christel Wasiek, Gründerin der Stiftung Seniorenhilfe weltweit.  Der Preis ist mit 2.000,- Euro dotiert. Zudem erhielt der Preisträger eine Skulptur des Bonner Diakons und Bildhauers Ralf Knoblauch.

Agiamondo/weltkirche.de