Mammutaufgabe für US-Hilfswerke
Washington D.C. ‐ Die katholischen Hilfswerke in den USA stehen vor einer Mammutaufgabe. Angeführt von den „Catholic Charities“ versuchen sie, die durch Hurrikan Ian in Not geratenen Menschen in Florida mit dem Nötigsten zu versorgen.
Aktualisiert: 07.10.2022
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Der Bischof von Venice, Frank Dewane, erlebte das Wüten von Hurrikan Ian im Bischofssitz seiner Diözese, die im Südwesten Floridas liegt. „Wir wussten, dass es schlimm werden würde“, sagt Dewane, der mit dem Schrecken davonkam, als zwei Holzmasten durch das Dach schlugen und in seinem Wohnzimmer landeten. Er hatte mehr Glück als andere Betroffene des Wirbelsturms, der als einer der fünf stärksten in die Geschichte der USA eingeht.
Die Opfer im „Sunshine State“ sind noch nicht gezählt. Aber schon jetzt geht man von 150 Toten und sehr viel mehr Verletzten aus. Ganz zu schweigen von Sachschäden, die einen zweistelligen Milliardenbetrag ausmachen könnten. Der republikanische Gouverneur Ron DeSantis schätzt, dass der Wiederaufbau Jahre dauern wird.
Ian hat auch die Liegenschaften der sieben Diözesen Floridas nicht verschont. Mindestens zwei katholische Kirchen fielen dem Hurrikan vollständig zum Opfer: St. Isabel auf der Insel Sanibel und die Himmelfahrt-Gemeinde von Fort Myers. Die Ordensschwestern im Kloster San Damiano blieben unversehrt, verloren aber ihr Kloster, das sie trotz Aufforderung nicht verlassen wollten.
Auch Gebiete im Inland betroffen
Bischof Dewanes Diözese Venice traf es am härtesten. Nachdem Ian Richtung Atlantik weitergezogen war, verschaffte sich der Bischof in Fort Myers Beach einen Eindruck. Die wahre Verwüstung sei hier, berichtete er. Die Polizei habe ihm gesagt, die Menschen sollten den Strand meiden, da das Meer Leichen an Land spüle.
Auch die Catholic Charities, das größte Hilfswerk der katholischen Kirche in den USA, versuchen sich vor Ort einen Überblick zu verschaffen. Neben dem Großraum Fort Myers konzentriert sich die Organisation auf weniger bekannte Regionen Floridas, die im Zentrum der Hilfsbemühungen stehen. Dazu zählen Bonita Springs, Arcadia und Wauchula. Nach Worten des früheren Geschäftsführers der katholischen Wohlfahrtsverbände der Diözese Venice, Peter Routsis-Arroyo, handelt es sich dabei durchweg um tieferliegende Gebiete im Inland, die durch übertretende Flüsse und sintflutartige Regenfälle überschwemmt wurden. Die Ortschaften standen noch Tage nach dem Sturm bis zu zweieinhalb Meter unter Wasser. Hier leben Tausende Wanderarbeiter, die in der Landwirtschaft tätig waren und nun von den Catholic Charities versorgt werden.
Für die unmittelbaren Bedürfnisse der Betroffenen haben die Charities Ausgabestellen eingerichtet, an denen sich die Menschen mit Lebensmitteln, Fertiggerichten, Wasser, Zeltplanen und Müllsäcken versorgen können. Unterwegs in abgelegene Regionen sind seit Wochenbeginn auch mobile Sanitär- und Wäscherei-Dienste.
Große Hilfsbereitschaft
Koordiniert wird die Arbeit durch das Katastrophenschutzbüro der Bischofskonferenz von Florida in Tallahassee. Zusammen mit dem katholischen Männerbund der Kolumbus-Ritter, mit Pfarreien und karitativen Einrichtungen sowie der Diözese Venice soll jetzt der Gesamtbedarf an humanitärer Hilfe ermittelt werden. Und der dürfte alles in den Schatten stellen, was Hurrikans in den vergangenen Jahrzehnten in Florida angerichtet haben.
Bischof Dewane versucht, optimistisch zu bleiben. Er könne nicht wütend sein auf Gott, der andere vor sehr viel größere Herausforderungen gestellt habe, sagte er während der Sonntagspredigt. Unterdessen ist die Hilfsbereitschaft vor Ort groß. Das bewies etwa eine Schwesterngemeinschaft im östlichen Teil der Diözese Venice. Weil Ian ihnen die Stromleitung gekappt hatte und Lebensmittel zu verderben drohten, entschlossen sich die Ordensfrauen spontan zu einem Grillfest für die örtliche Gemeinde.