Nachrichten aus der Weltkirche
Erneuter Militärputsch –Präsident Damiba abgesetzt

Hauptmann Ibrahim Traore übernimmt die Macht in Burkina Faso

Ouagadougou ‐ Burkina Faso erlebt den zweiten Putsch seit Jahresbeginn. Jetzt hofft die Bevölkerung, dass sich die Sicherheitslage in dem Krisenstaat endlich verbessert.

Erstellt: 01.10.2022
Aktualisiert: 06.10.2022
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Paul-Henri Damiba ist in Burkina Faso Geschichte. Der Militäroffizier, der Ende Januar nach dem Staatsstreich gegen Roch Marc Christian Kabore an die Macht kam, ist in der Nacht zu Samstag abgesetzt worden. In einer Ansprache im staatlichen Fernsehen RTB ernannte die Junta Ibrahim Traore zum neuen Präsidenten der regierenden Patriotischen Bewegung zur Rettung und Wiederherstellung (MPSR). Damit erlebt der Sahelstaat (21,9 Millionen Einwohner) den zweiten Putsch in gerade einmal acht Monaten. Über Damiba heißt es aus verschiedenen Quellen, dass er auf dem Weg nach Togo sei.

Begonnen hatte der erneute Machtwechsel am Freitag mit Schüssen in der Hauptstadt Ouagadougou. Dort, berichtet der Journalist Gerard Beogo gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), sei es am Samstagmittag ruhig gewesen. Viele Geschäfte hätten geschlossen. „In anderen Städten des Landes geht das Leben aber normal weiter“, so Beogo. Seiner Meinung nach ist der Coup keine große Überraschung. „Viele standen nicht mehr hinter Damiba.“ Seine Ankündigung, den Terrorismus zu bekämpfen, habe er nicht erfüllt.

Damiba galt international als jemand, der gute Beziehungen zu Europa pflegte. Und er schien offen für Verhandlungen. Die Sichtweise seiner Landsleute ist jedoch eine andere. Gerade gegen die Präsenz der einstigen Kolonialmacht Frankreich im Sahel – im Nachbarland Mali ist im August die wenig erfolgreiche Anti-Terrormission Barkhane beendet worden - regt sich Widerstand. Als neuer Partner für Burkina Faso wird zunehmend Russland ins Spiel gebracht. In Mali sind bereits Kräfte der russischen Sicherheitsfirma Wagner stationiert. In den vergangenen Monaten wurden den Söldnern, ebenso wie malischen Streitkräften, mehrfach schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Welche Strategie nun der 34-jährige Traore verfolgt, ist noch unklar. Er war bisher Leiter der 2019 gegründeten Anti-Terror-Einheit „Cobra“ in der Region Kaya nördlich von Ouagadougou. Dass ausgerechnet jemand von „Cobra“ ernannt wurde, könnte auch auf Querelen innerhalb des Militärs hindeuten. Nach Informationen des Magazins „Jeune Afrique“ warten die „Cobra“-Soldaten auf nicht gezahlte Prämien. Kritik gibt es zudem, weil ihr früherer Chef, Emmanuel Zoungrana, seit Anfang Januar in Haft sitzt. Ihm wird die Vorbereitung eines Staatsstreiches vorgeworfen. Sein Prozess soll Ende Oktober stattfinden.

Im Nordosten des Landes ist sich derweil Francois Paul Ramde, Koordinator der nichtstaatlichen „Geschwisterlichen Union der Gläubigen von Dori“, sicher: Die neuen Unwägbarkeiten werden den Kampf gegen die Terroristen nicht erleichtern, im Gegenteil. „Man wird sich mit der politischen Entwicklung beschäftigen - und weniger mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Das macht uns Angst.“

Seit Ende 2015 haben sich islamistische Terrorgruppen, die Al-Qaida und dem Islamischen Staat nahestehen, vor allem von Mali aus in Burkina Faso ausgebreitet. Aufgrund der Gewalt sind nach Regierungsangaben mittlerweile mehr als 1,9 Millionen Menschen auf der Flucht. Der ehemalige Präsident von Niger und derzeitige Vermittler in der Burkina-Faso-Krise, Mahamadou Issoufou, schätze im Juni, dass sich 40 Prozent des Landes nicht mehr unter Regierungskontrolle befinden. Nach Informationen der Vereinten Nationen sind mehr als 4.200 Schulen geschlossen.

Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960 galt Burkina Faso stets als eines der ärmsten Länder der Welt. Die Sicherheitskrise hat die Situation weiter verschlimmert. „Wir haben Angst, über den Landweg zu reisen“, beschreibt Ramde den Alltag. Provinzhauptstädte seien noch einigermaßen gesichert, Fahrten in Dörfer nahezu unmöglich. „Wir können deshalb nur die Daumen drücken und beten“, sagt der Mann aus Dori. Der Kampf gegen die Terroristen müsse unbedingt fortgesetzt werden.

Von Katrin Gänsler (KNA)