
Menschenhandel lässt nicht nach
Der Menschenhandel ist nach dem Drogenhandel die zweitgrößte Einnahmequelle für Kriminelle. Man spricht von einem Umsatzvolumen von 32 Milliarden Dollar. Diese Zahl nennt ein Bericht des Büros für Justiz und Inneres der Europäischen Kommission. Drei Viertel der Opfer werden Opfer sexueller Ausbeutung: 79 Prozent von ihnen sind Frauen, 12 Prozent davon sind minderjährig. Rumänien und Bulgarien sind die am meisten betroffenen Länder.
Aktualisiert: 12.09.2022
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Dass der Großteil der Frauen, der zur Zwangsprostitution gezwungen wird, aus osteuropäischen EU-Staaten stammt, ist kein Zufall: „EU-Osteuropäerinnen benötigen für die Einreise nach Deutschland kein Visum, lediglich ihren Personalausweis. Im Falle einer Polizeikontrolle droht ihnen allenfalls eine Geldstrafe, da Prostitution als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat gilt“, erklärt Renate Hofmann, Leiterin der Beratungsstelle SOLWODI in Bad Kissingen. "SOLidarity with WOmen in DIstress" (SOLWODI) setzt sich seit über 25 Jahren für Frauen und Mädchen, die in Not geraten sind, ein: für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, Opfer von Beziehungsgewalt, von Zwangsheirat Bedrohte oder aus Zwangsehen Geflohene.
Auch das Büro der italienischen Konferenz der Frauenordensoberinnen (USMI) beschäftigt sich mit dem Phänomen des Handels von Frauen und Minderjährigen. Im Interview mit Radio Vatikan beklagt Schwester Eugenia Bonetti, Leiterin des Büros, das Ausmaß der Sklaverei: „Es mutet sehr seltsam an, dass diese fürchterliche Sklaverei des 21. Jahrhunderts trotz der langen Jahre, die wir bereits an diesem Problem arbeiten, nicht nachlässt: In Zahlen und Erscheinungsformen handelt es sich um eine Form der Sklaverei, die immer mehr im Wachsen begriffen ist. Die Minderjährigen nehmen heutzutage immer mehr zu. Es handelt sich um ein enormes Problem. Man spricht von zwölf Millionen gehandelten Menschen, von denen 80 Prozent für sexuelle Ausbeutung dienen. Wir sind immer mehr davon überzeugt: Wenn wir nicht eine Verminderung der Nachfrage erreichen, insbesondere des Sexualverkehrs gegen Zahlung, dann können wir dieses schreckliche Phänomen niemals besiegen.“
„Wir haben eine große Verantwortung: Wir müssen jede Person daran erinnern, dass sie wahrhaft das Abbild Gottes ist und niemals wie ein Sklave oder wie ein käuflicher Gegenstand behandelt werden darf.“
Allein in Italien gebe es eine monatliche Nachfrage von neun Millionen Kunden, die sexuellen Verkehr gegen Zahlung suchen, schätzt Schwester Bonetti. Dabei sei das Phänomen nicht abhängig von Schwankungen, wie sie beispielsweise durch die aktuelle Wirtschaftskrise in Europa hervorgerufen werden könnten. Zwar könnte die Krise eine gewisse Verschlechterung der Situation hervorgerufen haben. Doch der „Wirtschaftszweig“ selbst sei immun gegen Krisen: „Allein die Tatsache, dass es immer noch Personen gibt, die diese Menschen suchen, benutzen, und dann wieder auf die Straße werfen, bedeutet ja, dass es für ihren Sektor keine Krise gibt. Wir haben eine große Verantwortung: Wir müssen jede Person daran erinnern, dass sie wahrhaft das Abbild Gottes ist und niemals wie ein Sklave oder wie ein käuflicher Gegenstand behandelt werden darf.“
- Ein ausführliches Interview mit Renate Hofmann zum Thema Zwangsprostitution finden Sie auf wissen.de:
Tabuthema Zwangsprostitution – ein Interview
- Das Aktionsbündnis gegen Frauenhandel liefert einen guten Überblick über das Ausmaß von Frauenhandel in Deutschland und Europa:
Fakten: Frauenhandel
Tagung: Opfer von Frauenhandel
In der Reihe ihrer gemeinsamen Fachtagungen setzen sich das Aktionsbündnis gegen Frauenhandel, Renovabis und die Hanns-Seidel-Stiftung am 17. Oktober 2012 in Ingolstadt mit dem Thema „Opfer von Frauenhandel - Sprachlos, hilfos, rechtlos?“ auseinander. Mehr Informationen zur Tagung finden Sie hier:
Tagung: Opfer von Frauenhandel – Sprachlos, hilflos, rechtlos?