Anonym und vertraulich

Anonym und vertraulich

Mehr als 7.000 Anrufe gehen jährlich bei der Telefonzentrale der Don Bosco „Child Line 116“ in Sierra Leones Hauptstadt Freetown ein. Rund um die Uhr stehen ausgebildete Mitarbeiter bei Problemen zur Verfügung. Unterstützt vom Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ gibt das Projekt der Salesianer Don Boscos Kindern und Jugendlichen im ärmsten Land der Welt neue Hoffnung in oftmals scheinbar ausweglosen Krisenzeiten – so auch Fatmata und Samuel.

Erstellt: 08.08.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
Lesedauer: 

Mehr als 7.000 Anrufe gehen jährlich bei der Telefonzentrale der Don Bosco „Child Line 116“ in Sierra Leones Hauptstadt Freetown ein. Rund um die Uhr stehen ausgebildete Mitarbeiter bei Problemen zur Verfügung. Unterstützt vom Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ gibt das Projekt der Salesianer Don Boscos Kindern und Jugendlichen im ärmsten Land der Welt neue Hoffnung in oftmals scheinbar ausweglosen Krisenzeiten – so auch Fatmata und Samuel.

„Es war nachts, als plötzlich fünf jugendliche Männer in unser Haus eindrangen“, schildert die 13-jährige Fatmata ihre Erlebnisse. „Sie machten Lärm und wir hatten einfach nur Panik.“ Sie seien betrunken gewesen und daher unberechenbar. „Wir hatten Todesangst". Schließlich habe ein Nachbar die Don Bosco Hotline angerufen und um Hilfe gebeten.

„Je nach Situation fahren wir selbst raus“, sagt Benjamin Koroma von der Telefonseelsorge, „wir haben aber auch sehr guten Kontakt zur Polizei.“ Oft stünden der Polizei jedoch keine Autos zur Verfügung – entweder seien sie kaputt oder es fehle Diesel. Umso wichtiger ist das Netzwerk der Jugendhilfeorganisation. „Wir können auf ein ausgezeichnetes Netzwerk und auf 121 Mitarbeiter zurückgreifen“, sagt Benjamin Koroma stolz. Fatmata und ihre Familie hatten Glück: Als Polizisten und Sozialarbeiter eintrafen, schlugen sie die angetrunkenen Jugendlichen in die Flucht.

Bild: © Don Bosco Fambul/Kindermissionswerk

„Keine Ahnung, was noch passiert wäre“

Auch Samuel wandte sich an die Telefonberatung. „Ich war einfach am Ende“, erzählt der 17-jährige Schüler. Zum ersten Mal verliebt, sah er seine Freundin mit einem anderen Jungen in der Stadt. Schock und Enttäuschung plagten ihn in den folgenden Tagen, er dachte sogar an Vergeltung. Der Teenager sah keinen Ausweg mehr. In einem klaren Moment habe er sich an den Don Bosco-Sozialarbeiter erinnert, der in seiner Schule von der Telefonberatung erzählt hatte. Es habe zwar Überwindung gekostet, doch schließlich wählte er die Hotline-Nummer. Ein Berater hörte ihm zu und riet Samuel, mit dem Mädchen zu sprechen. So habe er erfahren, dass es sich bei dem fremden Jungen um den Stiefbruder der Freundin handelte. „Die Telefonberatung war sehr wichtig für mich, sie war anonym und vertraulich. Keine Ahnung, was noch passiert wäre“, sagt der junge Mann.

„Rund die Hälfte unserer Beratungen beschäftigen sich mit den Beziehungsproblemen Jugendlicher. In der Identitätsphase sind junge Menschen besonders auf gute und vertrauliche Beratung angewiesen“, sagt Bruder Lothar Wagner aus Trier. Seit fünf Jahren leitet der 39-jährige Sozialpädagoge und Theologe die größte Jugendhilfeeinrichtung in Sierra Leone. „Leider sind Themen wie Liebe, Freundschaft und Sexualität in dem muslimischen Land immer noch ein Tabu. Familien und Schulen leisten weder Sexualaufklärung noch Lebensberatung.“ Umso wichtiger ist die Child Line 116 für die Gespräche und den Austausch mit den Kindern und Jugendlichen.