„Amazonien ist zentral, auch für Europa“
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„Amazonien ist zentral, auch für Europa“

150 neue Staudämme sollen im Amazonasgebiet in Brasilien gebaut werden. Einen Namen machte sich der Damm am Fluss Xingu, gegen den unter anderem der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler seit Jahren kämpft. Kräutler ist Bischof des gleichnamigen Bistums im Amazonasgebiet. Jetzt soll es also noch 150 Dämme mehr geben.

Erstellt: 02.04.2015
Aktualisiert: 12.07.2015
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150 neue Staudämme sollen im Amazonasgebiet in Brasilien gebaut werden. Einen Namen machte sich der Damm am Fluss Xingu, gegen den unter anderem der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler seit Jahren kämpft. Kräutler ist Bischof des gleichnamigen Bistums im Amazonasgebiet. Jetzt soll es also noch 150 Dämme mehr geben.

Ein Filmemacher und sein Engagement für Amazonien

Seit 2007 dreht Martin Keßler Filme über Amazonien und den Kampf der Menschen vor Ort. Die Filme werden in Pfarreien gezeigt, sind im Internet zu sehen und auf Festivals präsent. Im Gespräch mit Radio Vatikan berichtet er von den vielen Korruptionsfällen, vom großen Geld was bei diesen Bauten fließt, aber auch vom anhaltenden Widerstand der Menschen, denen die Vertreibung droht.

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Er sieht eine Entwicklung in den vergangenen Jahren. „Ich glaube, dass der Konflikt klarer geworden ist, sowohl in Brasilien wie auch international. Vor allem über Belo Monte, diesen drittgrößten Staudamm der Welt, gegen den auch Bischof Kräutler kämpft, ist der Konflikt bekannt geworden. Es ist ein Fortschritt, dass mehr Öffentlichkeit über die desaströsen Folgen hergestellt worden ist, die diese Staudammpolitik hat. Mir ist immer klarer geworden, dass es um Interessen geht, die hinter diesem einseitigen Bau von immer neuen Staudämmen stehen. Da stecken Großkonzerne aus der Bauindustrie hinter, die die Politiker schmieren und die auch die größten Spender der politischen Parteien in Brasilien sind. Das wird immer offensichtlicher.“ Die staatliche Ölindustrie Petrobas steht für den jüngsten der Skandale um Bauten und Korruption in Brasilien.

Die Ursprünge liegen in Europa

Statt auf Staudämme müsste das Land auf Windenergie setzen oder auf die Sonnenenergie. Potential dazu gäbe es reichlich, so Keßler. Dass Brasilien aber Unmengen von Energie braucht, sei nicht nur ein Problem des Landes selbst. Die Ursprünge lägen in Europa, „weil wir zum Beispiel das Aluminium aus dem Amazonasgebiet beziehen und es in unsere Autos einbauen. Wir wollen nämlich Gewicht sparen. Danach wollen wir die Autos exportieren. Davon lebt zum Beispiel Deutschland sehr stark. Die Zulieferprodukte werden jedoch in Schwellenländern hergestellt. Brasilien etwa hat große Bauxit-Lagerstätten. Das Aluminiumerz wird dort in riesigen Tagebau-Bergwerken abgebaut. Dann wird es auf dem Amazonas an die Mündung verschifft. Dort gibt es riesige Aluminiumwerke, die die Energie der Großstaudämme benutzen. Man braucht sehr viel Energie, um aus Bauxit Aluminium herzustellen.“

Der Amazonasurwald ist die grüne Lunge der Welt

Weil die Energiewende zum Sparen anhält, wolle man diese Energie-intensive Wirtschaft nicht hier haben. Amazonien liege daher wirtschaftlich gesehen nicht weit weg von Deutschland. Aber auch die Erhaltung des Urwaldes solle den Europäern ein Anliegen sein, sagt Keßler. „Der Amazonasurwald ist die grüne Lunge der Welt. Gerade in unserer Klimadebatte und in der Umwelt-Enzyklika des Papstes, die bald erscheinen soll, spielt das Amazonasgebiet eine zentrale Rolle, weil es für das Weltklima so entscheidend ist.“

Auch wenn der Staudamm-Konflikt bekannter geworden sei, könne er durchaus noch mehr Öffentlichkeit und Debatte vertragen, so die Einschätzung des Dokumentarfilmers. „Was man erreichen will ist, die europäischen Großkonzerne, wie Siemens oder Mercedes Benz, die durch das Liefern von LKW und Turbinen beteiligt sind, stärker in die Verantwortung zu nehmen. Diese Konzerne sind für das Klima und die Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich, wenn allein bei Belo Monte 40.000 Menschen vertrieben werden und die Lebensgrundlage der indigenen Völker zerstört wird. Dort will man mit der Debatte erreichen, die Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen“, so Keßler.