Zwei Jahre nach Rana Plaza
Auch zwei Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch warten Opfer offenbar auf Entschädigung. Wie mehrere Organisationen zum zweiten Jahrestag des Unglücks mitteilten, fehlen immer noch gut sechs von 30 Millionen Euro im Entschädigungsfonds der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Laut der internationalen Kampagne für Saubere Kleidung beläuft sich der Umsatz der mindestens 29 Hersteller, die in Rana Plaza produzieren, mit 20 Milliarden US-Dollar auf mehr als hundertmal so viel. Die Grünen betonten, freiwillige Verpflichtungen der Konzerne reichten nicht aus.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Auch zwei Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch warten Opfer offenbar auf Entschädigung. Wie mehrere Organisationen zum zweiten Jahrestag des Unglücks mitteilten, fehlen immer noch gut sechs von 30 Millionen Euro im Entschädigungsfonds der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Laut der internationalen Kampagne für Saubere Kleidung beläuft sich der Umsatz der mindestens 29 Hersteller, die in Rana Plaza produzieren, mit 20 Milliarden US-Dollar auf mehr als hundertmal so viel. Die Grünen betonten, freiwillige Verpflichtungen der Konzerne reichten nicht aus.
Am 24. April 2013 stürzte in Sabhar nahe der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka das neungeschossige Fabrikgebäude ein. Dabei starben mehr als 1.100 Menschen, über 2.400 wurden verletzt. Viele leiden dauerhaft unter den Folgen. Nach Angaben der Arbeitsrechte-Expertin bei Oxfam Deutschland, Franziska Humbert, sind die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken des Landes „nach wie vor menschenunwürdig“. Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter seien immer noch gefährdet, und sie müssten weiterhin „12-Stunden-Schichten für einen Hungerlohn leisten“.
Auch eine Sprecherin der internationalen Kampagne für Saubere Kleidung, Gisela Burckhardt, beklagte einen Stillstand. Immerhin gebe es mit dem „Bangladesh Accord“ inzwischen ein Gebäude- und Brandschutzabkommen, sagte sie im Deutschlandfunk. Rund 1.600 Firmen Fabriken würden derzeit auf Arbeitssicherheit überprüft, die Ergebnisse ins Internet gestellt. So hätten die Betroffenen, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen erstmals die Möglichkeit, sich konkret über einzelne Fabriken zu informieren.
Misereor: Deutsche Unternehmen in die Pflicht nehmen
Das katholische Hilfswerk Misereor appellierte an die Bundesregierung, gesetzliche Schritte zum besseren Schutz der Menschenrechte in der deutschen Außenwirtschaft einzuleiten. „Deutsche Unternehmen sollten gesetzlich verpflichtet werden, für die Einhaltung der Menschenrechte bei ihren Tochterunternehmen und Geschäftspartnern im Ausland Sorge zu tragen“, sagte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel in Aachen.
Misereor begrüßte indes am Freitag die Ankündigung zweier großer Branchenverbände des Einzelhandels und der Modeindustrie, dem vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung initiierten Bündnis für nachhaltige Textilien beizutreten. „Wir rufen die Unternehmen der Branche auf, nun rasch diesem Beispiel ihrer Verbände zu folgen, um gemeinsame soziale und ökologische Standards und Kontrollen bei der Herstellung von Kleidung einzuführen“, erklärte Spiegel.
Justitia et Pax-Vorsitzender begrüßt Durchbruch im Textilbündnis
Auch der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax , Bischof Stephan Ackermann, zeigte sich erfreut über den Fortschritt im Textilbündnis. Die Schwierigkeit, die das Bündnis hier in Deutschland habe, die Unternehmen mit ins Boot zu holen, bestätigten, wie wichtig Gesprächsbereitschaft, Geduld und Vertrauensbildung gerade im Wirtschaftsgeschehen seien, erklärte Ackermann am Freitag in Trier.
Mit Blick auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen sieht der Trierer Bischof in anderen Wirtschaftsbranchen hingegen noch Nachholdbedarf. Die Textilbranche sei nur eine der vielen globalen Wertschöpfungsketten, in denen die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern verletzt würden und der soziale Dialog im Argen liege. Es sei zu hoffen, dass das Beispiel des Textilbündnisses auch für andere Bereiche der Wirtschaft Schule mache, betonte Ackermann.
Auch der Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Entwicklungspolitik, Uwe Kekeritz, forderte verbindliche Regeln in der globalen Lieferkette. Das Gipfeljahr 2015 biete die Chance, die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu verbessern.
Der Verein TransFair kritisierte: „Die Probleme in der Lieferkette beginnen bereits im Baumwollfeld.“ Millionen Kleinbauern könnten kaum vom Anbau leben, sagte Geschäftsführer Dieter Overath in Köln. Die Verbraucher könnten durch ihr Konsumverhalten und kritische Nachfragen für Veränderung sorgen.
Die Bundesregierung erstellt gegenwärtig unter Beteiligung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte . (lek mit KNA)