Flüchtlinge, Terrorgefahr und Umweltschutz
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Flüchtlinge, Terrorgefahr und Umweltschutz

Klimakonferenz ‐ Heute beginnt der Klimagipfel in Paris. Erzbischof Ludwig Schick reiste am Freitag in die französische Hauptstadt, um beim Abschluss des ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit dabei zu sein. Im Interview spricht er über den Zusammenhang von Flucht und Klimaschutz, seine Hoffnung für den Gipfel und die Rolle des Papstes.

Erstellt: 30.11.2015
Aktualisiert: 30.11.2015
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Heute beginnt der Klimagipfel in Paris. Der deutsche katholische Weltkirche-Bischof Ludwig Schick reiste am Freitag in die französische Hauptstadt, um beim Abschluss des ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit dabei zu sein. Im Interview spricht der Bamberger Erzbischof über den Zusammenhang von Flucht und Klimaschutz, seine Hoffnung für den Gipfel und die Rolle des Papstes.

Frage: Herr Erzbischof, alle reden über Flüchtlinge und Terrorgefahr. Sind das nicht auch die Themen, bei denen es dringender eine internationale Verständigung bräuchte?

Schick: Man kann Flüchtlinge, Terrorgefahr und Umweltschutz nicht voneinander trennen. Die drei Themen hängen zusammen, und für alle drei braucht es dringend internationale Verständigung. Die meisten Flüchtlinge kommen derzeit aus den Kriegsgebieten Syrien, Irak, Afghanistan. Aber auch jetzt schon und in Zukunft vermehrt werden Menschen aus den Ländern fliehen und zu uns kommen, in denen sich das Klima verändert. Die Wüstenzonen breiten sich aus und am Rand der Meere werden die Tsunamis und Hurrikane stärker, der Meeresspiegel steigt. Die Menschen, die dort nicht mehr leben können, ziehen weg und werden als Flüchtlinge irgendwann auch zu uns kommen. Mangelnde Lebensbedingungen und keine Zukunftsperspektiven fördern auch den Terrorismus. Das ist ein erwiesenes Faktum. Wir brauchen mehr Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung und mehr Umweltschutz, auch um Flucht zu vermeiden und die Terrorgefahr zu minimieren.

Frage: Es wird schon wieder viel über das Scheitern des Klimagipfels gesprochen. Haben Sie persönlich denn Hoffnung?

Schick: Ja, die habe ich. Mit Papst Franziskus sage ich: „Er darf nicht scheitern!“ Beim letzten Gipfel in Lima 2014 haben fast alle gesagt: Auf dem nächsten Gipfel geht's ums Ganze, es müssen konkrete Ergebnisse erzielt werden, wir müssen liefern! Solche Äußerungen kamen auch von Ländern wie den USA, Kanada und China, die sich zuvor immer verweigert haben. Sie haben gemerkt, dass auch sie von der Erderwärmung und dem Klimawandel betroffen sind.

Frage: Aber drohen bei der Dominanz von USA und China nicht die Interessen der Entwicklungsländer hinten runterzufallen?

Schick: Wir müssen ganz klar darauf hinweisen: Wenn es keine gemeinsamen Beschlüsse gibt, die das Kyoto-Protokoll verbessern, das heißt, den CO2-Ausstoß verringern und die Erderwärmung begrenzen, die auch den ärmeren Ländern gerecht werden, wird es mehr Flüchtlinge und auch mehr Terrorismus geben. Das lässt auch China, die USA, Russland und ganz Europa aufhorchen.

Frage: Sie sind als Weltkirche-Bischof viel in sogenannten Entwicklungsländern unterwegs. Wie können sie für ein Klimaschutz-Abkommen gewonnen werden?

Schick: Etliche Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika haben bereits Umweltschutz und Klimaentwicklung auf ihre Agenda gesetzt, andere noch nicht oder zu wenig. Wir müssen werben und alles tun, dass das Umweltbewusstsein mehr in die Köpfe und Herzen sowie in das gesellschaftliche und politische Bewusstsein kommt. Dazu ist mehr Entwicklung und vor allem Bildung nötig. Nur wer einen ausreichenden Bildungsstandard hat, kann die Zusammenhänge von Zukunft und Ökologie begreifen. Die Industriestaaten müssen auch mehr Geld in die Hand nehmen, das den armen Ländern hilft, ihre Umwelt zu schützen. Entwicklungshilfe muss auch Umweltschutz-Hilfe sein.

Frage: Aber verträgt sich Klimaschutz immer auch mit der Entwicklung dieser Länder?

Schick: Das geht. In Angola etwa wird viel durch die Ölförderung verschmutzt. Warum nicht mehr auf Solarenergie umsteigen? Auch in Nordafrika und im Nahen Osten wäre das denkbar. Die gewonnene Energie könnte auch nach Europa verkauft werden, sowohl die Länder Afrikas als auch Europas würden ökologisch davon profitieren.

Frage: Der Papst hat mit der Umwelt-Enzyklika klare Erwartungen formuliert. Hat das für Paris eine Bedeutung?

Schick: Der Papst wird in Paris eine Rolle spielen. Davon bin ich fest überzeugt. Er hat mit seiner Enzyklika „Laudato Si“ noch einmal alle Verantwortlichen und Regierungen aller Länder mehr in die Pflicht genommen. Er hat die Ökologie mit der „Sorge für das gemeinsame Haus“ verbunden. Das hat besonders vielen Verantwortungsträgern die Augen geöffnet. Das „gemeinsame Haus“ reicht von der Arktis bis zum Südpol und um den ganzen Äquator herum. Und wenn man an diesem gemeinsamen Haus irgendwo an den Fundamenten oder am Gebälk rüttelt, kommt das ganze Gebäude ins Wanken. Wir sind eine globale Welt, besonders was die Ökologie und Umwelt betrifft. Erderwärmung, Ansteigen der Meere, Ozonlöcher kennen keine Ländergrenzen.

Von Christian Wölfel (KNA)

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