Afrikas großer Wandel
Bild: © KNA

Afrikas großer Wandel

Gesundheit ‐ Afrika - der Kontinent der Seuchen, Viren und tödlichen Parasiten. Dieses Bild hält sich hartnäckig. Dabei erzielten die meisten afrikanischen Länder in den vergangenen Jahren große Fortschritte im Gesundheitssektor.

Erstellt: 07.01.2016
Aktualisiert: 07.01.2016
Lesedauer: 

Guinea hat Ebola besiegt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte das westafrikanische Land vergangene Woche für frei von der Seuche, nachdem 42 Tage lang kein neuer Fall aufgetaucht war. Laut WHO ein „Meilenstein“. In den vergangenen beiden Jahren starben in Guinea 2.500 Menschen an der Seuche, die Tausende Waisen und ein gebeuteltes Land zurückließ. Und doch schaffte es die Nachricht vom Sieg gegen Ebola in Deutschland kaum in die Medien.

„Die negative Wahrnehmung Afrikas hat historische Gründe“, sagt Helen Rowland, Sprecherin der „Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention“ (CDC) in den USA. Doch allmählich bessere sich das Negativ-Image des Schwarzen Kontinents. „Afrikas Regierungen betrachten Investitionen in ihr Gesundheitssystem immer mehr als Voraussetzung für die Produktivität der Bevölkerung. Sie wenden mehr Ressourcen auf und suchen vor Ort nach Lösungen, um Krankheiten in den Griff zu bekommen.“ Längst sei Afrika nicht mehr der berüchtigte Kontinent der Seuchen und tödlichen Parasiten.

Erfolgreicher Kampf gegen Polio und Meningitis

Rowland sieht den Erfolg gegen Ebola als „gutes Beispiel für Afrikas Wandel“. „Große Fortschritte“ mache der Kontinent vor allem durch die Entwicklung neuer Impfstoffe – und dies trotz sozialer, politischer und finanzieller Einschränkungen. Dafür steht besonders Nigeria. Noch vor drei Jahren lebte dort die Hälfte aller Patienten mit Kinderlähmung (Polio) weltweit. Die Weltgemeinschaft erwartete, dass das westafrikanische Land das Virus und die damit einhergehende Lähmung als letzter Staat besiegen würde. 2015 verkündete die Regierung in Abuja jedoch: Polio ist besiegt. 200.000 Freiwillige hatten bei einer Impfkampagne landesweit 45 Millionen Kinder unter fünf Jahren immunisiert. In ganz Nigeria hatten die Behörden Polio-Notkliniken eingerichtet. Nun bleiben einzig die Länder Pakistan und Afghanistan, in denen das Polio-Virus nach wie vor verbreitet ist.

Eine ähnliche Erfolgsgeschichte können die Bewohner der unteren Sahel-Zone erzählen – bis vor kurzem bekannt als „Meningitis-Gürtel“. Über 26 Länder erstreckte sich das Verbreitungsgebiet des Virus, das jährlich den Tod Tausender Kinder durch Hirnhautentzündung forderte. „In Togo sperrte man Straßen, um die Ausbreitung zu verhindern“, erinnert sich Greg Widmyer, Koordinator für Impfkampagnen der Bill & Melinda Gates Foundation. Die Organisation steuerte 70 Millionen US-Dollar für eine Massenimmunisierung bei. In Rekordzeit entwickelte ein indisches Unternehmen den Impfstoff „MenAfriVac“, der mit 50 Cent pro Dosis einen Bruchteil des Marktpreises kostet. Heute ist der „Meningitis-Gürtel“ verschwunden. Wurden 1996 noch 250.000 Fälle gemeldet, schrumpfte die Zahl 2013 auf gerade einmal vier.

Auch den Kampf gegen Malaria werde Afrika wohl gewinnen, so Sarah Barber, WHO-Sprecherin in Südafrika. Heute hätten mehr Menschen Zugang zu Moskito-Netzen und Sprays als noch vor 15 Jahren. Die Malaria-Rate sei infolgedessen um 37 und die Zahl der Toten um 60 Prozent gefallen. Den größten Erfolg verzeichnete Südafrika, das die Todesrate bei Malariapatienten um 85 Prozent senken konnte. „Die Finanzierung und der politische Wille sind gestiegen“, so Barber. Sie warnt jedoch davor, sich auf dem Erfolg auszuruhen. „Wir müssen Prävention und Behandlung weiter vorantreiben. Aus den Fortschritten müssen wir lernen und aufkommende Herausforderungen erkennen.“ In der Tat wurden in den vergangenen Jahren aus mindestens 49 Ländern Malaria-Mücken gemeldet, die eine Resistenz gegen Insektizide entwickelten.

Von einigen Zielen sind Afrikas Gesundheitsbehörden immer noch weit entfernt, vor allem im Kampf gegen AIDS. Die größte Herausforderung für Afrikas Regierungen sind aber sogenannte „vernachlässigte tropische Krankheiten“. Die bekanntesten dieser 17 Erkrankungen sind Lepra und die Schlafkrankheit. Sie erhielten neben den Programmen gegen HIV und Malaria zuletzt wenig Aufmerksamkeit. Doch es gibt Hoffnung: In den „nachhaltigen Entwicklungszielen“ der UNO wurde der Kampf gegen die vernachlässigten Krankheiten zum ersten Mal festgeschrieben. Sie sollen bis 2030 bezwungen sein.

Von Markus Schönherr (KNA)

© KNA