Sechs Tage beten und feiern
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Sechs Tage beten und feiern

Weltjugendtag ‐ Der Friedensgruß in der Eröffnungsmesse ist mehr als eine Geste - wildfremde Menschen verharren in Umarmungen. Der Weltjugendtag in Krakau beginnt. Am selben Tag geschieht ein furchtbarer Anschlag in Frankreich.

Erstellt: 27.07.2016
Aktualisiert: 27.07.2016
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Singen, beten, tanzen: Es ist Weltjugendtag in Krakau. Hunderttausende ziehen mit Fahnen und in Sprechchören durch die südpolnische Metropole Krakau, in der am Dienstag der 31. katholische Weltjugendtag (WJT) eröffnet wurde. Doch die jüngsten Terrorattacken werfen in diesem Jahr auch einen Schatten auf das Glaubensfest.

Rasend schnell macht am Dienstagmorgen die Nachricht vom Angriff auf eine Kirche in Frankreich die Runde, bei der die Geiselnehmer einen 84 Jahre alten Priester brutal ermordet haben. Vor allem unter  Teilnehmern aus Frankreich ist die Trauer groß, wie Mayeul und Delphine erzählen. Das Opfer sei ein bekannter Geistlicher gewesen und der Weltjugendtag der richtige Ort, für ihn zu beten, meinen die beiden 20-Jährigen.

Gebet für die Opfer der Geiselnahme von Saint-Etienne-du-Rouvray

Das Programm wird ihrem Wunsch Rechnung tragen und um einen Punkt erweitert: So sind vor allem die rund 35.000 französischen Teilnehmer eingeladen, in einem Krakauer Fußballstadion für die Sicherheit in ihrem Heimatland zu beten. Miriam (23) und Antonia (15) aus Schwabmünchen und Kloster Lechfeld in Bayern sind dafür, auch die Täter ins Gebet einzuschließen – und für deren Umdenken zu bitten.

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Auch der stimmungsvolle WJT-Auftaktgottesdienst am Abend steht unter dem Eindruck der jüngsten Anschläge. Polizisten sind auf den Blonia-Wiesen, dem Schauplatz der Messe, präsent. Sicherheitskräfte patrouillieren in der Umgebung, ein Hubschrauber kreist über der Menge.

In seiner Predigt verurteilt der Krakauer Erzbischof, Kardinal Stanislaw Dziwisz, „blinden Terrorismus“. Er ruft die Jugendlichen auf, weltweit eine „Zivilisation der Güte, der Versöhnung, der Liebe und des Friedens“ zu stärken und appelliert an seine Zuhörer, „den heutigen Herausforderungen die Stirn zu bieten“. Dabei könne „die Erfahrung der allgemeinen Kirche ein wunderbares Weltjugendtagserlebnis“ sein. Die Teilnehmer brächten den Reichtum ihrer Kulturen, Traditionen und Sprachen mit. Die Kirche bilde eine große Gemeinschaft, „die Grenzen überwindet“.

Trommeln und Tanz

Seine Worte finden offene Ohren. Der Weltjugendtag ist auch eine große Fete – nicht zuletzt auch in der Zeit vor der Eröffnungsmesse. Mit Flaggen und bunten Regencapes gehen die jungen Leute zu ihren Plätzen. Andernorts ziehen die Teilnehmer gruppenweise durch die Straßen und Gassen der denkmalgeschützten Altstadt, die zum Weltkulturerbe gehört. Auf einem Platz tanzen einige zu Irish Folk, und am Fuße des Wawel, dem Burgberg und Wahrzeichen Krakaus, bearbeiten Gäste aus Afrika ihre Trommeln.

Sommerlich knapp bekleidete Teenager machen gemeinsam mit Mönchen und Nonnen in ihren Kutten, die nur wenig älter sind als sie, Halt für Selfies vor besonders pittoresken Gebäuden. Es sind außer Polen vor allem Italiener, Franzosen, Spanier und US-Amerikaner, aber auch mindestens 15.500 aus Deutschland.

„Ich bin sowas von platt“, sagt Jonas Lixenfeld aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. Damit meint der 19-Jährige nicht frühzeitige Weltjugendtags-Erschöpfung, sondern die polnische Gastfreundschaft, die er nun selbst erlebt hat. Auch Magdalena Hartmann, ebenfalls aus dem Bistum, ist immer noch begeistert, „mit welch‘ offenen Herzen wir hier empfangen werden“.

„Mein Highlight wird die Vigil sein“, sagt Hartmann mit Blick auf die geplante abendliche Andacht am Samstag in der Nähe von Krakau mit Papst Franziskus. Sie freut sich darauf, mit dem Papst den Platz zu teilen und plant, auf der riesigen Wiese mit anderen Gleichgesinnten zu übernachten. Und wenn es regnet? „Macht nichts!“

Das bunte Treiben in der südpolnischen Metropole ist geradezu ein Gegenentwurf zu der Welt, die von den Terroristen angestrebt wird. Nun sind alle gespannt, was Papst Franziskus sagen wird. An diesem Mittwoch wird er in Krakau erwartet.

Von Gregor Krumpholz und Leticia Witte (KNA)

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