Verbände: Mehr Ehrgeiz bei Nachhaltigkeit
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Verbände: Mehr Ehrgeiz bei Nachhaltigkeit

Agenda 2030 ‐ Zivilgesellschaftliche Verbände fordern von der Bundesregierung mehr Ehrgeiz bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsziele. Auch die Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die die Bundesregierung im Januar 2017 beschlossen habe, sei nach wie vor oft unkonkret und unverbindlich.

Erstellt: 09.03.2017
Aktualisiert: 09.03.2017
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Zivilgesellschaftliche Verbände fordern von der Bundesregierung mehr Ehrgeiz bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsziele. Auch die Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die die Bundesregierung im Januar 2017 beschlossen habe, sei nach wie vor oft unkonkret und unverbindlich, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V. (Venro), Ziviler Friedensdienst, Diakonie Deutschland und weiterer zivilgesellschaftlicher Akteure.

Zugleich lobten die Akteure das Vorhaben der Bundesregierung, die Zivilgesellschaft an der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie stärker zu beteiligen. Die Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 soll die Grundlage zur systematischen Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung legen, wie sie durch die Vereinten Nationen im September 2015 beschlossen wurde.

Wirtschaftswachstum auf Kosten der Nachhaltigkeit

Zentraler Kritikpunkt der Verbände an dem neuen Nachhaltigkeits-Papier der Bundesregierung ist ein Festhalten an einem rein wachstumsorientierten Wirtschaftsmodell: „Die Bundesregierung vermeidet eine politische Öffnung hin zu einem konkreten Richtungswechsel für mehr Nachhaltigkeit in zentralen Politikfeldern wie Landwirtschaft, Verkehr, Flächen- und Ressourcenverbrauch, Energie, Handel und Finanzmarkt. Damit wird Nachhaltigkeit zum technokratischen Begriff ohne sozial-ökologische Substanz.“ Anstatt nur auf Fortschritt und Effizienz zu schauen, müssten verbindliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit nachhaltiges Wirtschaften möglich sei, so die Organisationen.

Zwar sei die Verankerung des Prinzips „Niemanden Zurücklassen“ in der neuen Nachhaltigkeitsstrategie erfreulich, mit der die Reduzierung sozialer Ungleichheiten angestrebt werde. Doch es fehle an konkreten Maßnahmen, um die gesellschaftliche Kluft wirklich zu schließen. „Wir brauchen dringend Strategien, um das gesellschaftliche Auseinanderdriften in Deutschland, Europa und weltweit zu stoppen. Nicht zuletzt in Zeiten von erstarkendem Nationalismus und Rechtspopulismus muss viel konkreter gezeigt werden, wie dies erreicht werden soll,“ heißt es in dem Positionspapier.

Trugbild einer erfolgreichen Flüchtlingspolitik

Auch das Thema Flucht wird in den Augen der Organisationen von der Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in ein fragwürdiges Licht gestellt. „In der Strategie führt sie menschenrechtlich nicht tragbare Maßnahmen – wie das EU-Türkei-Abkommen – an. Das Ergebnis einer ‚ganz erheblichen Reduzierung der Todesfälle im östlichen Mittelmeer‘ ist fragwürdig in Anbetracht der Meldung des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen, wonach im Mittelmeer nie mehr Schutzsuchende ums Leben kamen als 2016.“ Die Akteure fordern deshalb dringend legale und gefahrenfreie Zugangswege, die tatsächlich auf die Rettung von Menschenleben abzielten und der humanitären Verantwortung Europas gerecht würden.

Ungeeignete Indikatoren

Insgesamt habe die neue Nachhaltigkeitsstrategie noch nie so viele Indikatoren gehabt – von bislang 38 stieg die Zahl auf 69. Viele Indikatoren seien aber nicht ambitioniert genug oder ungeeignet. Beispielsweise seien beim Kohleausstieg keine Zeitziele hinterlegt. Auch die bloße Anzahl der im Textilbündnis mitarbeitenden Firmen stelle kein ausreichendes Kriterium für Fortschritte bei der weltweiten Schaffung menschenwürdiger Arbeit dar.

Insgesamt begrüßen die Organisationen, dass die Bundesregierung die Zivilgesellschaft an der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie stärker beteiligen will. Sie weisen zugleich darauf hin, dass hierbei auch Menschen mit Behinderungen, Migranten sowie Wohnungslose berücksichtigt werden sollten.

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