„Die katholische Kirche kann in Kuba wirken“
Bild: © Köß/DBK

„Die katholische Kirche kann in Kuba wirken“

Kuba ‐ Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bambergs Erzbischof Ludwig Schick (68), hat einen mehrtägigen Solidaritätsbesuch auf Kuba absolviert. Im Interview äußert er sich auch zur heiklen Menschenrechtslage in dem kommunistisch regierten Land.

Erstellt: 12.01.2018
Aktualisiert: 15.01.2018
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Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bambergs Erzbischof Ludwig Schick (68), hat einen mehrtägigen Solidaritätsbesuch auf Kuba absolviert. Im Interview äußert er sich auch zur heiklen Menschenrechtslage in dem kommunistisch regierten Land.

Frage: Herr Erzbischof, wie hat sich das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der Castro-Regierung seit dem Kuba-Besuch von Papst Franziskus 2015 entwickelt?

Schick: Es ist auf alle Fälle besser geworden, aber bereits seit den Besuchen von Johannes Paul II. 1998 und Benedikt XVI. 2012. Die katholische Kirche kann auf Kuba wirken, auch wenn ihre Möglichkeiten begrenzt sind – das sagen meine Gesprächspartner hier und das kann man auch spüren.

Frage: Die Meinungsfreiheit wird immer noch unterdrückt, die Menschenrechte sind eingeschränkt. Festnahmen politisch Andersdenkender sind an der Tagesordnung. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Schick: Direkt natürlich nicht. Wir hören, was die Bischöfe, Priester und Laien sagen. Und das klingt positiv, was die aktuelle Entwicklung angeht. Die Menschen erwarten aber noch mehr. Die Kirche gibt all jenen eine Stimme, die sich Veränderungen zu einer Gesellschaft hin erwarten, in der alle Einzelnen und Gruppen anerkannt sind und mitwirken können.

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Frage: Herr Erzbischof, wie hat sich das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der Castro-Regierung seit dem Kuba-Besuch von Papst Franziskus 2015 entwickelt?

Schick: Es ist auf alle Fälle besser geworden, aber bereits seit den Besuchen von Johannes Paul II. 1998 und Benedikt XVI. 2012. Die katholische Kirche kann auf Kuba wirken, auch wenn ihre Möglichkeiten begrenzt sind – das sagen meine Gesprächspartner hier und das kann man auch spüren.

Frage: Die Meinungsfreiheit wird immer noch unterdrückt, die Menschenrechte sind eingeschränkt. Festnahmen politisch Andersdenkender sind an der Tagesordnung. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Schick: Direkt natürlich nicht. Wir hören, was die Bischöfe, Priester und Laien sagen. Und das klingt positiv, was die aktuelle Entwicklung angeht. Die Menschen erwarten aber noch mehr. Die Kirche gibt all jenen eine Stimme, die sich Veränderungen zu einer Gesellschaft hin erwarten, in der alle Einzelnen und Gruppen anerkannt sind und mitwirken können.

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Frage: Von welchen Einschränkungen ist die Kirche in Kuba derzeit betroffen?

Schick: Die Einschränkungen betreffen alle Bürgerinnen und Bürger und alle Bereiche des Lebens. Die Wirtschaft ist vom Staat reguliert, wie es in kommunistischen Systemen üblich ist, das Bildungssystem ist monopolistisch organisiert, in der Politik ist nur eine Partei zugelassen, die Medien sind Staatsorgane. Die Christliche Soziallehre vertritt eine plurale und partizipative Gesellschaftsordnung. Es ist ihr wichtig, dass jeder Mensch seine Freiheit mit Rechten und Pflichten zum Wohl aller wahrnehmen kann. Nach allen Erfahrungen ist das auch für das Gemeinwohl die beste Ordnung.

Frage: Während der von US-Präsident Barack Obama angestoßenen Tauwetterperiode gewann man den Eindruck: Es tut sich etwas auf Kuba. Ist diese Aufbruchstimmung noch spürbar, oder herrscht inzwischen eher Frustration in der Bevölkerung?

Schick: Viele Kubaner bedauern, dass der von Obama eingeleitete Prozess von der Trump-Regierung nicht weiter verfolgt wird. Die Hoffnungen auf eine Entwicklung zu mehr Offenheit und Mitwirkung waren groß. Aber Papst Johannes Paul II. hat bereits vor 20 Jahren gefordert: „Kuba muss sich der Welt öffnen, aber die Welt muss sich auch Kuba öffnen“. Das bedeutet auch, dass Sanktionen zugunsten einer weiteren Annäherung zurückgenommen werden sollten. Von diesem Kurs ist man leider wieder abgerückt. Das spüren die Menschen hier, die zum Teil in großer Armut leben.

Frage: Wie kommt der Wiederaufbau nach Hurrikan „Irma“ voran, der im September schwere Schäden hinterließ? Die Kirche gilt als maßgebliche Kraft bei den Aufräumarbeiten.

Schick: Der Wiederaufbau kommt voran, aber zu langsam. Wenn ich die katholische Kirche Kubas in einem Schlagwort beschreiben soll, dann würde ich sagen: Sie ist eine arme Kirche, die sich für die Armen einsetzt und mit kleiner Kraft Großes tut. So engagiert sie sich auch für die Hurrikan-Opfer. Dabei wird sie von Adveniat, Caritas und Misereor sowie von der Kirche in Nordamerika und Italien unterstützt. Dieses Engagement könnte mit einer größeren Öffnung freilich noch viel umfangreicher und wirksamer sein.

Frage: Raul Castro wird im April seinen Posten als Staatschef räumen. Kann das für einen positiven Impuls sorgen?

Schick: Wer die Regierungsgeschäfte übernimmt, weiß man ja noch nicht. Das ist das eine; das andere ist: Castro wird ja vielleicht Parteichef bleiben. Die Kommunistische Partei ist der eigentliche Entscheidungsträger im Staat. Man muss abwarten, wie die weitere Entwicklung verläuft. Die Menschen haben Hoffnung, dass sich etwas Neues ergibt; und sie sind zugleich skeptisch, so habe ich es wahrgenommen.