Kritik an Moschee-Plan für Hagia Sophia – Papst: großer Schmerz

Kritik an Moschee-Plan für Hagia Sophia – Papst: großer Schmerz

Türkei ‐ Die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hat international Kritik insbesondere bei Religionsvertretern ausgelöst. Überraschend äußerte sich auch Papst Franziskus zu der umstrittenen Entscheidung der Türkei. Wenn er an das Wahrzeichen in Istanbul denke, empfinde er „großen Schmerz“, sagte er am Sonntag nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz.

Erstellt: 13.07.2020
Aktualisiert: 13.07.2020
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Die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hat international Kritik insbesondere bei Religionsvertretern ausgelöst. Überraschend äußerte sich auch Papst Franziskus zu der umstrittenen Entscheidung der Türkei. Wenn er an das Wahrzeichen in Istanbul denke, empfinde er „großen Schmerz“, sagte er am Sonntag nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz und wich damit spontan vom Redemanuskript ab.

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hatte am Freitag den Status des berühmten Bauwerks als Museum aufgehoben. Präsident Recep Tayyip Erdogan unterzeichnete darauf ein Dekret zur Nutzung der 537 als Kirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs errichteten Hagia Sophia als Moschee. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbul, durch die türkischen Osmanen 1453 wurde sie zur Moschee. Republikgründer Mustafa Kemal „Atatürk“ machte sie 1934 zum Museum.

Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche Griechenlands, Erzbischof Hieronymos, sprach von einer „Instrumentalisierung der Religion“ für parteipolitische Zwecke. Die Umwandlung bezeichnete er laut der griechischen Nachrichtenagentur ANA-MPA als „Beleidigung“ nicht nur für die gesamte Christenheit, sondern die „ganze zivilisierte Menschheit, für jeden denkenden Menschen unabhängig von seiner Religion“.

Der Nahostkirchenrat (Middle East Council of Churches/MECC) appellierte in Beirut an die Vereinten Nationen und die Liga der Arabischen Staaten, sich gegen die Entscheidung zu stellen, die ein Angriff auf die Religionsfreiheit sei. Er verwies auf jahrelange Dialog-Initiativen von Christen und Muslimen, deren prominentestes Manifest das „Dokument zur Brüderlichkeit aller Menschen“ sei, das Papst Franziskus und Großimam Al-Tayyeb 2019 erst unterzeichneten.

Der russisch-orthodoxe Außenamtschef, Metropolit Hilarion, nannte den Schritt einen „Schlag für die Weltorthodoxie, denn für alle orthodoxen Christen auf der ganzen Welt ist die Hagia Sophia so ein Symbol wie der Petersdom in Rom für Katholiken“. Die türkische Staatsführung habe gezeigt, dass sie keine Kompromisse eingehen wolle, sagte er im russischen Fernsehen. Der Ökumenische Weltkirchenrat in Genf äußerte in einem Brief an Erdogan die Sorge, dass die Entscheidung erneut zu Konflikten führen könne.

„Können nicht Muslime und Christen im großen Gotteshaus jeweils ihren Gottesdienst beten?“

Die Deutsche Bischofskonferenz zeigte sich besorgt und warb für eine politische Entscheidung, die die Einheit des Landes und das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Muslimen und Christen stärke, statt Bitterkeit zu schüren und Fliehkräfte zu begünstigen.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, schrieb auf Twitter: „Dass man in der Hagia Sophia beten darf, ist richtig, sie ist kein Museum, der Säkularismus Atatürks war gegen jede Religion. Könnte diese großartige Kirche nicht ihre 900 christliche und 500 Jahre islamische Geschichte dadurch spiegeln, dass Muslime und Christen darin beten?“, regte er eine gemeinsame Nutzung an.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek: „Können nicht Muslime und Christen im großen Gotteshaus jeweils ihren Gottesdienst beten?“, schrieb er auf Twitter. Dies könne ein einzigartiges Zeichen des gegenseitigen Respektes und eine Geste tiefen Religionsverständnisses sein. Im Hinblick auf den Dialog der Religionen und Völker könne Erdogans Entscheidung problematisch sein. Zugleich betonte er, die Hagia Sophia, wo über ein Jahrtausend gebetet wurde, sei kein Museum.

Von Sabine Kleyboldt (KNA)

© Text: KNA