Belarus – Solidarität und Besorgnis in den Nachbarländern
Osteuropa ‐ Die Stimmen aus dem EU-Land Litauen und aus der Ukraine machen deutlich, dass die geografische oder kulturelle Nähe, aber auch die unterschiedlichen historischen und politischen Erfahrungen eine Rolle spielen, wie das Ringen um Freiheit und Demokratie im Nachbarland beurteilt wird.
Aktualisiert: 27.08.2020
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Partner von Renovabis in den Nachbarländern reagieren mit Solidarität und Besorgnis auf die Vorgänge in Belarus. Die Stimmen aus dem EU-Land Litauen und aus der Ukraine machen deutlich, dass die geografische oder kulturelle Nähe, aber auch die unterschiedlichen historischen und politischen Erfahrungen eine Rolle spielen, wie das Ringen um Freiheit und Demokratie im Nachbarland beurteilt wird.
Für Gintaras Grusas, den Erzbischof von Vilnius, ist dabei klar: „Die Litauer erinnern sich noch gut an ihren langen Kampf für die Unabhängigkeit und verstehen und unterstützen daher das Volk von Belarus in seinem Kampf für Demokratie.“ Am kommenden Sonntag, dem 23. August, ist deshalb eine Menschenkette von der Kathedrale in Vilnius bis zur belarussischen Grenze geplant, mit der 30.000 Menschen ihre Solidarität mit dem belarussischen Volk zeigen wollten. Zahlreiche Katholikinnen und Katholiken sowie katholische Organisationen unterstützten das Vorhaben.
Der 23. August ist in Litauen ein traditioneller Gedenktag, weil an diesem Tag im Jahr 1939 in Moskau der Molotow-Ribbentrop-Pakt zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich geschlossen wurde, durch den „viele Länder ihre Freiheit verloren“, so der Erzbischof. Daher hätten am 23. August 1989 die Bürgerinnen der drei baltischen Länder Litauen, Lettland und Estland mit einer Menschenkette von Vilnius nach Tallinn „ihren Durst nach Freiheit“ gezeigt, so Erzbischof Grusas, der als Vorsitzender der Litauischen Bischofskonferenz Mitglied der CCEE – des Zusammenschlusses der europäischen Bischofskonferenzen – ist. In dieser Eigenschaft lädt er „alle Gläubigen in Europa ein, ihre Gebete zum Herrn für Frieden und Freiheit zu erheben.“
Aus der Ukraine erreicht die katholischen Bischöfe in Belarus ein Unterstützungsschreiben des Kirchenoberhauptes der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. Der Großerzbischof versichert seinen Amtsbrüdern, für ein Ende der Gewalt, die Herstellung von Gerechtigkeit, Frieden und öffentliche Verständigung und Übereinstimmung zu beten. „Im Bewusstsein der großen Bedrohungen durch die aktuellen Ereignisse beten wir für den Schutz von Belarus vor äußeren Gegenkräften, für die Bewahrung der Einheit des belarussischen Volkes sowie für die Unabhängigkeit und territoriale Integrität des belarussischen Staates. Wir teilen mit Ihnen allen unseren Glauben und die feste Überzeugung, dass unsere Gebete erhört werden, ‚denn der Herr ist gerecht, er liebt die Gerechtigkeit; die Gerechten werden sein Angesicht sehen' (Ps 11,7)", fügte Seine Seligkeit Swjatoslaw hinzu.
Auffällig ist, dass ukrainische Kommentatoren jegliche Vergleiche mit den Ereignissen im eigenen Land 2004 und 2005 bzw. 2014 ablehnen, und eine Analogie zu Armenien im Jahr 2018 ziehen: „Die Revolutionäre (in Kiew) mobilisierten sich offen unter der Flagge der Europäischen Union. Der Aufstand in Belarus ist anders. (…) Die Flagge der Revolution ist die verbotene weiß-rot-weiße belarussische Nationalflagge“, so Pfarrer Mykhaylo Melnyk von der Ukrainischen Sozialakademie.
© Text: Renovabis