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Historiker: Eine Entschuldigung des Papstes ist unerlässlich

Aufarbeitung ‐ Am Donnerstag hatten Vertreter der ethnischen Gruppe der Cowessess in Kanada mitgeteilt, dass Ermittler auf dem Grundstück der früheren katholischen Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan die Überreste von Verstorbenen in 751 nicht markierten Gräbern identifizieren konnten.

Erstellt: 29.06.2021
Aktualisiert: 28.06.2021
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Nach den Funden von Kinderleichen in ehemaligen kirchlichen Umerziehungsheimen für Indigene in Kanada fordert Historiker Manuel Menrath eine Geste von Papst Franziskus. „Derzeit brennen katholische Kirchen in Reservaten, oder es wird zu Brandstiftung aufgerufen, weil sich die Menschen, besonders indigene Katholiken, von Rom im Stich gelassen fühlen“, sagte Menrath am im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA, Sonntag) in Luzern. „Eine Entschuldigung des Papstes mag zwar aus kirchenpolitischer Sicht nicht einfach zu legitimieren sein; aber für das indigene Verständnis wäre dieser Schritt enorm wichtig.“

Am Donnerstag hatten Vertreter der ethnischen Gruppe der Cowessess laut kanadischen Medien mitgeteilt, dass Ermittler auf dem Grundstück der früheren katholischen Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan die Überreste von Verstorbenen in 751 nicht markierten Gräbern gefunden hätten.

Es war der zweite große Gräberfund binnen eines Monats. Ende Mai wurden auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamloops in Westkanada die Überreste von 215 Kinderleichen entdeckt. In Einrichtungen wie diesen waren Söhne und Töchter aus indigenen Familien zumeist zwangsweise untergebracht, um sie im Auftrag des kanadischen Staates an die „christliche Zivilisation“ heranzuführen.

„Die aktuellen schrecklichen Funde sind nicht einfach historisch“, betonte Menrath. „Wohl fast jede indigene Familie in Kanada hat ein Kind in einer solchen Zwangsumerziehungsanstalt verloren, von dem sie nicht weiß, wo es bestattet liegt.“ Heute lebten noch etwa 70.000 sogenannte Survivors, also Indigene, die als Kinder in den „Residential Schools“ waren. „Sie sind nun alt und möchten wissen, was mit ihren Geschwistern oder Cousins und Cousinen geschehen ist.“

Menrath veröffentlichte 2016 das Buch „Mission Sitting Bull“ über die „Geschichte der katholischen Sioux“. 2020 erschien von ihm „Unter dem Nordlicht – Indianer aus Kanada erzählen von ihrem Land“.

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