US-Katholiken: Streit über große Folgen eines kleinen Fehlers

US-Katholiken: Streit über große Folgen eines kleinen Fehlers

Washington ‐ Father Andrés Arango ist untröstlich. Der Pfarrer der „St. Gregory“-Gemeinde in Phoenix, Arizona, musste sein Amt niederlegen. Aber nicht etwa Missbrauch, ein Finanzskandal oder die Liebe zu einer Frau steckt dahinter. Nein - der beliebte Priester hatte über 20 Jahre eine falsche Formel bei der Taufe verwendet. Statt „Ich taufe dich ...“ hatte er „Wir taufen dich....“ gesagt. Anfang Februar trat er zurück und bat alle Gläubigen um Vergebung.

Erstellt: 20.02.2022
Aktualisiert: 21.07.2022
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Father Andrés Arango ist untröstlich. Der Pfarrer der „St. Gregory“-Gemeinde in Phoenix, Arizona, musste sein Amt niederlegen. Aber nicht etwa Missbrauch, ein Finanzskandal oder die Liebe zu einer Frau steckt dahinter. Nein - der beliebte Priester hatte über 20 Jahre eine falsche Formel bei der Taufe verwendet. Statt „Ich taufe dich ...“ hatte er „Wir taufen dich....“ gesagt. Anfang Februar trat er zurück und bat alle Gläubigen um Vergebung.

Die „richtigen“ Worte für die Taufe hat die vatikanische Glaubenskongregation im Juni 2020 noch einmal bekräftigt. In einem Schreiben erinnerte sie daran, dass Christus das Sakrament spendet, nicht die Gemeinde. Jede Form der Änderung sei „liturgischer Missbrauch“ und mache die Taufe ungültig.

Der zuständige Bischof der Diözese Phoenix, Thomas J. Olmsted, sagt, er glaube nicht, dass Arango „die Absicht hatte, den Gläubigen zu schaden oder sie der Gnade der Taufe und der Sakramente zu berauben“. Allerdings verweist er auch auf die tiefere Bedeutung der Sprache im Sinne der Kirchenlehre: „Es mag legalistisch erscheinen, aber die Worte sind ein entscheidender Aspekt jedes Sakraments.“ Würden diese geändert, sei das Sakrament nicht gültig.

Auf der Webseite der Diözese heißt es, beim Sakrament der Eucharistie könne man auch nicht Wein durch Milch ersetzen. Der katholische Glaube besage, dass der Wein zum Blut Christi wird. Deshalb dürfe ein Priester die vorgeschriebenen Worte der Liturgie nicht eigenmächtig verändern.

Alle von Arango „falsch“ Getauften rief die Diözese dazu auf, sich zu melden, um im Nachhinein noch das richtige Sakrament zu erhalten. Es dürften Tausende sein. Sie können über ein Internetportal eine zweite Taufe arrangieren.

Die „Causa Arango“ ist kein Einzelfall. 2020 entdeckte Matthew Hood, ein Pfarrer aus Detroit, auf einem Video die falsche Wortwahl bei seiner eigenen Taufe vor mehr als 30 Jahren. Alle seine Taufen zwischen 1986 und 1999 wurden annulliert und mussten wiederholt werden. Hood selbst musste nicht nur „richtig“ getauft, sondern auch ein zweites Mal zum Priester geweiht werden.

In der US-Kirche löste der kuriose Fall in Arizona eine lebhafte Debatte aus. Die Taufe bedeute für Katholiken das Heil, argumentiert der Vorsitzende des Kirchengerichts der Diözese Pittsburgh, Jay Conzemius. Deshalb müsse dafür gesorgt werden, „dass sie richtig vollzogen wird.“ Auch „um die Tradition der Kirche fortzusetzen“, ergänzt die Religionswissenschaftlerin der Uni Dayton, Neomi De Anda.

Dennoch lasse sich Gott nicht durch Fehler eines Priesters bei der Wortwahl einschränken, entgegnet der Theologe der katholischen Bellarmine University in Louisville, Kentucky, Gregory Willis. Niemand gehe davon aus, dass Gott schimpfe: „Tut mir leid, du hast die erste Person Plural statt erste Person Singular verwendet.“

Der einflussreiche katholische US-Publizist Thomas J. Reese kritisiert das Beharren des Vatikan auf sprachlicher Reinheit der Taufformel. Viele Katholiken seien der Ansicht, dass die Formulierung „Wir“ zwar gegen die Regel verstoße, aber die Taufe dennoch gültig sei, so der Jesuit.

Der frühere Chefredakteur des Magazins „America“ wertet den gelegentlichen Gebrauch des „Wir“ als Versuch einiger Geistlicher nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil der 1960er-Jahre, „etwas lockerer mit den liturgischen Regeln umzugehen“.

Als der Vatikan 2020 mit der „doktrinären Note“ darauf reagierte und auf dem „Ich“ bestand, habe er das als „pastorale Katastrophe für Kirche und Menschen“ empfunden. „Ich glaube nicht, dass sie verstanden haben, was sie da taten“, so Reese.

Unabhängig vom Standpunkt in der Debatte besteht Einigkeit in der Überzeugung, dass niemand in die Hölle komme, nur weil er „falsch“ getauft ist. Pfarrer Arango seinerseits bedauert seinen Fehler aufrichtig. Es mache ihn traurig, dass er als Priester „ungültige Taufen durchgeführt“ habe. Eine Petition der Gemeindemitglieder von St. Gregory, den beliebten Priester als Seelsorger zu behalten, blieb übrigens erfolglos.

Von Thomas Spang (KNA)

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