Vertreter von Menschenrechtsorganisationen dagegen sehen das zentrale Problem in der europäischen Abschottungspolitik und werfen der EU Zynismus vor. „Die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten, die im Jahr 2016 die Balkan-Route gewaltsam geschlossen haben und zeitgleich den Türkei-Deal mit Erdogan eingefädelt haben, tragen dazu bei, dass wir das Elend auf den griechischen Inseln und auf dem Balkan heute haben“, erklärte der Leiter der Europa-Abteilung von Pro Asyl, Karl Kopp, in einem Interview der „Tageszeitung“. Er betonte: „Die zynische Haltung der EU, wir geben etwas Geld und dann sollen die Menschen dort bleiben, ist irrig und lebensfern.“
Bosnien ist Teil der wichtigsten Transitroute für Flüchtlinge aus Asien, dem Nahen Osten und Nordafrika. Seit 2018 haben Zehntausende Flüchtlinge und Migranten das Land durchquert und teils in festen Unterkünften, teils in den Wäldern übernachtet. Viele Migranten hoffen, über die grüne Grenze in das westlich gelegene EU-Mitgliedsland Kroatien zu gelangen. Dort werden sie, nach allem was berichtet wird, von Grenzpolizisten gewaltsam gestoppt und zurückgeprügelt. Auch in den vergangenen Wintern kam es bereits zu dramatischen Szenen.
Kopp warf der EU und Deutschland vor, zu den permanenten Menschenrechtsverletzungen durch Kroatien zu schweigen. „Die Menschen müssen evakuiert werden. Und zwar in die Europäische Union“, forderte er und verlangt, dass insbesondere Deutschland in diesem Fall vorangehe und mit der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft schnelle Rettungsmaßnahmen herbeiführe.
Bei der deutschen Regierung stößt die Forderung bislang auf verhaltenes Echo. Pläne, Migranten nach Deutschland zu bringen gibt es Medienberichten zufolge nicht. Die Bundesregierung habe an die Verantwortlichen den Appell gerichtet, „umgehend vor Ort tragfähige Lösungen“ zu finden, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums.