Die Informationen sind spärlich und wenig verlässlich. Dennoch finden seit Monaten Gespräche statt, um einen Ausweg aus der Krise im anglophonen Teil Kameruns zu finden. Die Krise, die im Herbst 2016 begann, hat längst mehr als 3.000 Todesopfer gefordert. Nach Schätzung des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sind derzeit rund 679.400 Binnenflüchtlinge in den Regionen Nordwest und Südwest auf der Flucht. Weitere 58.777 Menschen sind als Flüchtlinge im Nachbarland Nigeria registriert.
Nach Einschätzung des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) war der Konflikt in den Jahren 2019 und 2020 die am meisten vernachlässigte Krise weltweit. Der nationale Dialog im Herbst 2019 brachte Beobachtern zufolge keinen Durchbruch.
Für Gespräche zwischen der Regierung von Paul Biya und Anführern der Unabhängigkeitsbewegungen haben sich mehrfach Kirchenvertreter stark gemacht und Initiativen gestartet. Im Juli fand ein Treffen mit Julius Ayuk Tabe, Anführer des selbsternannten Staates Ambazonien, statt, der im Jahr zuvor zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.
Anschließend sagte der Erzbischof von Bamenda, Andrew Nkea, der an dem Dialog teilgenommen hatte, dem Nachrichtendienst Fides: „Es gibt drei Bedingungen für einen Waffenstillstand. Das Militär muss die englischsprachigen Regionen verlassen und die Kontrolle der Polizei übergeben. Alle Gefangenen, die mit der anglophonen Krise in Verbindung gebracht werden, müssen aus der Haft entlassen werden. Separatisten im Exil erhalten eine Amnestie.“
Doch seitdem tut sich nichts mehr, zumindest nicht offiziell. Nach Einschätzung des nichtstaatlichen Zentrums für Menschenrechte und Demokratie in Afrika (CHRDA), das der kamerunische Aktivist und Rechtsanwalt Nkongho Felix Agbor gegründet hat, verübt das Militär weiter schwere Menschenrechtsverletzungen. In einem Ende August veröffentlichten Bericht heißt es beispielsweise, dass im Viertel Upper Bonduma in der Stadt Buea im Mai vier unbewaffnete junge Männer getötet wurden. Unter den sieben Todesopfern im Dorf Mautu in der Region Südwest waren Mitte August eine Schwangere und ein alter Mann. Die Liste von willkürlichen Verhaftungen und Folter von Zivilisten ist noch länger.
Gewalt wird jedoch auch von den Kämpfern der verschiedenen Unabhängigkeitsbewegungen verübt. Sie fordern die Teilung des 27,7 Millionen Einwohner großen Landes. Wie groß ihr Rückhalt in der Bevölkerung ist, ist allerdings unklar. Vielerorts sorgen auch sie für Angst und Entsetzen. Das machte Mitte August ein Video in Sozialen Netzwerken deutlich, auf dem eine 35-Jährige zu sehen ist. Die Mutter von vier Kindern bittet darin um Gnade. Doch drei Männer foltern sie und schneiden ihr schließlich die Kehle durch.